"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Mittwoch, 22. Oktober 2014

ANSICHTSSACHE NR. 67: Vienna Windows - Auslage in Arbeit in der Wienbibliothek







Vienna Windows – Auslage in Arbeit
Bühnenbilder der Stadt / a work in progress
Eine Ausstellung von Martin Frey und Hanna Schimek
im Foyer und Leseraum der Wienbibliothek im Rathaus.
Ausstellungseröffnung: Montag, 27. Oktober 2014, 20 Uhr
Im Foyer der Wienbibliothek im Rathaus
1010 Wien, Rathaus. Eingang Felderstrasse, Stiege 6, (Lift), 1. Stock


Ankündigungstext:

Vienna Windows – Auslage in Arbeit ist ein künstlerisch-stadtforscherisches Fotoprojekt von Martin Frey und Hanna Schimek über die Schaufenster kleiner Geschäfte und Gewerbebetriebe in den Straßen von Wien.
Oft sind es trübe Glasscheiben, manchmal jedoch auch blank geputzte Fenster von Geschäftsportalen, hinter denen sich rätselhafte Objekte dem flüchtigen Blick des Passanten anbieten. Diese Gegenstände wurden leidenschaftlich arrangiert oder, so scheint es, achtlos vergessen. Sie erzählen Geschichten über eine Gegenwart, die besondere Arrangements erfordert, oder über längst vergangene Zeiten, in denen die Geschäfte gut gingen – Blickfänge oder
Staubfänger?
Es sind die unscheinbaren Dinge des Alltäglichen, die sich hier neuen Interpretationen erschließen und Einblicke in das Leben dieser Stadt gewähren. Die österreichische Wortschöpfung „Auslage in Arbeit“ findet sich oft als Hinweis in Geschäftsauslagen, die gerade neu gestaltet oder frisch arrangiert werden, in Form von Hinweistafeln oder handschriftlich verfassten Zetteln. Als programmatischer Titel dieses Projekts wird sie zur Metapher für die fortlaufenden Veränderungen des Stadtbildes.
An Vienna Windows – Auslage in Arbeit arbeiten wir seit 2012 mit unverminderter Leidenschaft. Wir verstehen es als einen Beitrag zur Alltagsgeschichte der Stadt und als fotografische Hommage an die
kleinen Geschäftslokale Wiens, deren Fortbestand einen unschätzbaren Beitrag zur Vielfalt und Lebendigkeit des urbanen Lebensraums darstellen.
 

Die Ausstellung:
Die Wienbibliothek präsentiert im Rahmen von eyes on. Monat der Fotografie Wien das Projekt Vienna Windows – Auslage in Arbeit von Martin Frey und Hanna Schimek:
Vom 28.10. bis 30.12.2014 wird eine Auswahl aus den bisher entstandenen Fotografien als Projektion im Foyer der Bibliothek gezeigt und eine räumliche Installation stellt assoziative Bezüge zu den projezierten Bildern her. In einer Vitrine des Leseraumes inszenieren die Bibliothekarinnen der
Wienbibliothek gemeinsam mit den beiden StadtforscherInnen eine „Auslage in Arbeit“. Weiters werden die Besucherinnen und Besucher eingeladen, Fotografien von Schaufenstern Wiens und anderen Städten an das Gästebuch des Fotoblogs http://vienna-windows.tumblr.com zu senden.
Zur Ausstellung wird das Artistbook Vienna Windows – Auslage in Arbeit in limitierter und signierter Auflage erscheinen.




Freitag, 17. Oktober 2014

FOTOSACHE NR. 39: Ein Mütterheim im Ersten Weltkrieg



Archiv Susanne Breuss



Morgen geht es in meiner Fotoglosse im Extra der Wiener Zeitung um ein Mütterheim, das in Wien zu Beginn des Ersten Weltkriegs von Anitta Müller gegründet wurde und mittellosen Frauen für die Zeit nach der Geburt Aufnahme und medizinische Betreuung gewährte.

Die Hilfseinrichtungen von Anitta Müller (später: Müller-Cohen) – außer dem Mütterheim betrieb sie unter anderem eine Wöchnerinnenfürsorge, eine Säuglingsfürsorge, ein Kinderhort, eine Tee- und Suppenanstalt und eine Arbeitsschule für Mädchen und Frauen – zählten zu den vielen Initiativen weiblicher Kriegsfürsorge, die im Ersten Weltkrieg Unterstützung für bedürftige Bevölkerungsgruppen anboten und damit ein staatliches Versorgungsvakuum ausfüllten.



Freitag, 10. Oktober 2014

ANSICHTSSACHE NR. 66: Flockerl's Schwanz im Suppentopf - Wiener Alltagsleben im Ersten Weltkrieg



© Wien Museum


"Flockerl's Schwanz ist zwar keine Gans! aber doch heute 'ein Leckerbissen!'" Betont pragmatisch gibt sich dieser Kommentar zu einer Selbsthilfeaktion, bei der dem Hund Flockerl kurzerhand mit einer Schere der Schwanz abgeschnitten wird. Daneben wartet schon ein kleiner Petroleumkocher mit einem winzigen Topf, in dem der Schwanz zum späteren Verzehr gegart werden soll. Die garstige Szene stammt aus einem illustrierten Tage- und Erinnerungsbuch aus dem Ersten Weltkrieg. Sie thematisiert auf sarkastische und karikaturenhafte Weise die Versorgungsprobleme mit Lebensmitteln und die Hungererfahrungen während des Krieges. In der Not frißt der Teufel bekanntlich Fliegen - und der Mensch eben solche Dinge, die ansonsten tabu sind oder als minderwertig gelten. Für die Wiener Bevölkerung scheint besonders der Fleischmangel in der letzten Kriegsphase schwer zu verkraften gewesen sein, wie unterschiedlichste - oft durch viel Galgenhumor geprägte - Quellen belegen. Worauf die hier abgebildete Szene ebenfalls anspielt: nicht nur durch fehlende Nahrungsmittel war das Kochen zu einem Problem geworden, auch die Brennstoffversorgung war mangelhaft. Kleine, mit flüssigen Brennstoffen wie Petroleum betriebene Kocher mussten daher häufig die großen Herde ersetzen.      

Zu sehen ist dieses Kriegstagebuch ab 16. Oktober 2014 in der Ausstellung "Wien im Ersten Weltkrieg. Stadtalltag in Fotografie und Grafik" im Wien Museum Karlsplatz (nähere Infos hier, Eröffnung: Mittwoch, 15. Oktober 2014, 18.30 Uhr).
Ich habe für diese Ausstellung die Kapitel zur Ernährung, Hausarbeit und Kleidung beigesteuert. Flockerl ist in einer Vitrine im Bereich Ernährung zu finden. 

Nachtrag zur nun fertigen und eröffneten Ausstellung: 
Insbesondere die Haupttexte der einzelnen Kapitel und die Gestaltung der Blättermappen sind nicht in der von mir vorgesehenen Form realisiert worden - kuratorische Verantwortung für die oben genannten Themenbereiche kann ich daher nur eingeschränkt übernehmen.    
 


Sonntag, 5. Oktober 2014

TERMINSACHE NR. 73: Objets sauvés von Trude Lukacsek





Im k48 – Offensive für zeitgenössische Wahrnehmung / Projektraum Oliver Hangl finden nächste Woche folgende Veranstaltungen von und mit der Wiener Fotografin Trude Lukacsek statt - eine gute Gelegenheit, Einblicke in ihr Werk, ihre Arbeitsweise, ihre Intentionen und in ihre Gedanken über die von ihr gefundenen und fotografierten Dinge zu erhalten:

Objets sauvés 2 – Die Ortung der Dinge
und Wiederholung von
Objets sauvés 1 – Hommage an ein paar Gegenstände
Foto- und Video-Projektion / Vortrag, Ausstellung in der Vitrine

Ankündigungstext:

Trude Lukacsek ist Sammlerin von Alltagskulturellem. Sie sammelt Gegenstände, fotografiert Gegenstände und filmt Gegenstände, die sie als besonders bemerkenswert oder außergewöhnlich empfindet.
In „Objets sauvés 2 – Die Ortung der Dinge“ zeigt sie Begegnungen mit 18 Objekten aus den letzten 19 Monaten und knüpft damit an „Objets sauvés 1 – Hommage an ein paar Gegenstände“ an, einem Panorama ihrer persönlichen Favourites aus 30 Jahren (gezeigt im k48 im Juni 2013).
Auch bei „Objets sauvés 2“ präsentiert Trude Lukacsek wieder eine Show von Dingen: Fotos und Filme von Objekten, aneinandergereiht in assoziativer Reihenfolge – erzählt mit den Geschichten ihrer Entdeckung, ihrer Auffindung, Ihres Verschwindens, oder Weiterlebens.
Ihre frischen Funde ergänzt Trude Lukacsek mit verwandten Bildern aus anderen Zeiten und von anderen Orten und zeigt erstaunliche Analogien, verblüffende Parallelen und ständig wachsende Serien. Sie lässt den Betrachter teilhaben an ihrer assoziativen Wahrnehmung, am Entdecker-Glück und Forscher-Drang – an den Abenteuern einer Fotografin und Sammlerin auf der Suche nach dem Ding der Dinge.
Trude Lukacsek schöpft aus ihren umfangreichen Sammlungen von fotografierten und echten Dingen, die durch ihre Form, ihre Farbe oder Funktion, ihre individuelle Gestaltung, ihre opulente Zeichensprache oder ihre rätselhafte Entstehungsgeschichte bestechen. Es sind Dinge des häufigen oder seltenen Gebrauchs, Dinge mit gewagtem Design oder zweckmäßiger Formgebung, Dinge, die im 20. und 21. Jahrhundert entstanden und von Lukacsek in Europa gefunden wurden. Es sind besondere Gegenstände, die ihre eigene Geschichte, die Geschichte ihrer Zeit, ihres Umfelds und die ihrer Hersteller erzählen.
Bei „Objets sauvés 2“ finden die Dinge zueinander:
Ein Boot, ein Buchstabe, ein Besteck, ein Blau, ein Bleistift – und viele andere.

 

Termine:
Di 7.10. und Fr 10.10.2014
Jeweils 19:00 Uhr Beginn: Objets sauvés 1 – Hommage an ein paar Gegenstände
Jeweils 20:15 Uhr Beginn: Objets sauvés 2 – Die Ortung der Dinge
Öffnungszeiten Ausstellung:
Mi 8.10. 16:00 - 19:00, Fr 10.10. 16:00 - 19:00


k48: Kirchengasse 48, Lokal 2, 1070 Wien

Website Trude Lukacsek