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"Flockerl's Schwanz ist zwar keine Gans! aber doch heute 'ein Leckerbissen!'" Betont pragmatisch gibt sich dieser Kommentar zu einer Selbsthilfeaktion, bei der dem Hund Flockerl kurzerhand mit einer Schere der Schwanz abgeschnitten wird. Daneben wartet schon ein kleiner Petroleumkocher mit einem winzigen Topf, in dem der Schwanz zum späteren Verzehr gegart werden soll. Die garstige Szene stammt aus einem illustrierten Tage- und Erinnerungsbuch aus dem Ersten Weltkrieg. Sie thematisiert auf sarkastische und karikaturenhafte Weise die Versorgungsprobleme mit Lebensmitteln und die Hungererfahrungen während des Krieges. In der Not frißt der Teufel bekanntlich Fliegen - und der Mensch eben solche Dinge, die ansonsten tabu sind oder als minderwertig gelten. Für die Wiener Bevölkerung scheint besonders der Fleischmangel in der letzten Kriegsphase schwer zu verkraften gewesen sein, wie unterschiedlichste - oft durch viel Galgenhumor geprägte - Quellen belegen. Worauf die hier abgebildete Szene ebenfalls anspielt: nicht nur durch fehlende Nahrungsmittel war das Kochen zu einem Problem geworden, auch die Brennstoffversorgung war mangelhaft. Kleine, mit flüssigen Brennstoffen wie Petroleum betriebene Kocher mussten daher häufig die großen Herde ersetzen.
Zu sehen ist dieses Kriegstagebuch ab 16. Oktober 2014 in der Ausstellung "Wien im Ersten Weltkrieg. Stadtalltag in Fotografie und Grafik" im Wien Museum Karlsplatz (nähere Infos hier, Eröffnung: Mittwoch, 15. Oktober 2014, 18.30 Uhr).
Ich habe für diese Ausstellung die Kapitel zur Ernährung, Hausarbeit und Kleidung beigesteuert. Flockerl ist in einer Vitrine im Bereich Ernährung zu finden.
Nachtrag zur nun fertigen und eröffneten Ausstellung:
Insbesondere die Haupttexte der einzelnen Kapitel und die Gestaltung der Blättermappen sind nicht in der von mir vorgesehenen Form realisiert worden - kuratorische Verantwortung für die oben genannten Themenbereiche kann ich daher nur eingeschränkt übernehmen.
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