"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Donnerstag, 28. Februar 2013

FUNDSACHE NR. 11: DIY anno 1958




Seit geraumer Zeit an allen Ecken und Enden sichtbar: Das "Selbermachen" hat Konjunktur, und zwar gerade auch in Milieus, die bisher nicht unbedingt dadurch aufgefallen sind, dass ihre Vertreter/innen die Samstagnachmittage in Bau- und Heimwerkermärkten oder in Strickrunden und Nähkursen verbringen. Gründe für diesen Boom gibt es viele: Selbstverwirklichungsbedürfnisse, der Wunsch nach "Handgreiflichem" angesichts überbordender Virtualität, Konsumüberdruss, Sparzwänge etc. etc. 

Da das Selbermachen von Dingen historisch betrachtet natürlich nichts Neues ist, hier ein Fundstück aus dem Jahr 1958: Das Buch "Mach es selber. Reparaturen und Neues in Haus und Garten" aus dem Ravensburger Otto Maier Verlag. Interessant, dass im Vorwort ebenfalls eine Historisierung der damaligen Do-It-Yourself-Bewegung vorgenommen wird - so heißt es unter anderem:
"Als der letzte Krieg Millionen Heimstätten in Trümmer legte, war das Improvisieren und Reparieren der einzige Ausweg, den fehlenden Handwerker zu ersetzen und über die Zeit des Rohstoffmangels hinwegzukommen. Viele haben damals zum erstenmal in ihrem Leben Hammer und Säge in die Hand genommen und Dinge zuwege gebracht, die sie sich vorher nie zugetraut hätten. Diese Zeit der Not ist für die meisten längst vorbei, und trotzdem hat der Gedanke des Selbermachens noch nie so große Kreise erfaßt wie heute."
Der Schwerpunkt des Buches liegt eindeutig auf "praktischen" Dingen und Reparaturen - daran wird doch einigermaßen deutlich, dass das "Wirtschaftswunder" noch nicht so weit gediehen war, dass das Kaufen für alle eine selbstverständliche Option dargestellt hätte. Obige Abbildung stammt aus dem Kapitel "Praktische Gegenstände".


Mittwoch, 27. Februar 2013

TERMINSACHE NR. 18: Materielle Kulturforschung (CFP)


Eine Tagung, bei der auch Vorträge zu Alltagsgegenständen erwünscht sind:
 
CFP: Materielle Kulturforschung - eine Zwischenbilanz. Zum
epistemischen Gewinn einer vermeintlich neuen

Perspektive - Gotha 12/13


Forschungszentrum für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien Gotha
der Universität Erfurt/ Martin Mulsow; International Graduate Centre for

the Study of Culture der JLU Gießen/ Annette Cremer
05.12.2013-07.12.2013, Gotha, Forschungszentrum
Deadline: 15.04.2013

Teil I, 5.-7.12.2013: Early Modern Material Culture (Gotha)
Teil II, 11/ 2014: Materielle Kulturforschung trans-epochal. Dinge

im Kontextwandel: Bewertung, Entwertung, Umdeutung. Phänomene der
Epochenübergänge und gesellschafts-politische Krisen im Spiegel der
Dinge (Gießen)


Vortragsvorschläge (30 Min.) über max. 250-300 W. und Kurzbiographie bis
zum 12. April 2013 an:
annette.cremer@gcsc.uni-giessen.de

 

Spätestens seit der Ausschreibung des BMBF im Mai 2012 boomt die
Materielle-Kultur-Forschung auch in Deutschland. Dabei handelt sich
keinesfalls um eine neue Perspektive, sondern um das Ergebnis
interdisziplinärer Forschungsansätze, die bereits zu Beginn der 1990er
in der USA entwickelt und von dort als objektgestützte Methode auf
andere Felder übertragen und so erstmals für die Kulturwissenschaften
erschlossen wurde. Die Beschäftigung mit materiellen
Hinterlassenschaften vergangener Epochen war bis dahin die Domäne von
Archäologie und Volkskunde/ Europäischer Ethnologie. Als material
culture studies hat sich die Beschäftigung mit den Dingen als Leitmedium
im anglo-amerikanischen Raum bereits als eigenständiges Fach etabliert.
Die wissenschaftspolitische Dimension des nun auch im deutschsprachigen
Raum ausgelobten Forschungsfeldes gilt es, kritisch zu hinterfragen:
Handelt es sich bei der materiellen Kulturforschung um ein
Modeerscheinung, ein Teilgebiet oder möglicherweise um eine eigene
Disziplin innerhalb der historischen Wissenschaften? "Funktioniert"
materielle Kultur als Erkenntnismedium in allen Epochen gleich gut?

Das Ziel der Tagungen ist, den erhofften epistemischen Gewinn der
materiellen Kulturforschung grundlegend auf seine Tragfähigkeit hin zu
prüfen. Welche Erkenntniserweiterungen ergeben sich durch die
Beschäftigung mit Objekten/Dingen/Artefakten als Quelle? Wie lassen sich
die Begriffe abgrenzen? Werden bereits bekannte historische Phänomene im
Spiegel der Dinge neu zu perspektivieren sein? Nach Latour sind Objekte
Akteure mit eigenem Handlungsskript und beinhalten Aussagen über die
Personen, die sich mit ihnen umgeben oder sie nutzen, wie ebenso über
zeitgenössische Praxis und Normen. Können Dinge als Quelle dazu dienen,
Denkmodelle oder kulturelle Praxis zu erschließen, die durch Text- oder
Bildquellen nicht sichtbar zu machen wären? Welches Mehr an
Informationen transportieren Objekte in unmittelbarer Weise und wie
lässt sich dieser Informationsgehalt übersetzen? Reicht zum Vorgang der
Übersetzung Sprache oder müssen haptische Informationsgehalte integriert
werden? Damit verbunden werden erneut Fragen nach der Wiederholung
historischer Wahrnehmung gestellt. Methodisch von besonderem Interesse
sind u.a. die medialen Brüche, die sich ergeben, wenn die Dinge nicht in
ihrer dreidimensionalen Körperlichkeit, sondern ausschließlich als
Beschreibung vermittelt durch Texte, Bilder oder literarische
Verarbeitungen vorliegen.

Teil 1 der Tagung konzentriert sich auf die Epoche der Frühen Neuzeit
und lädt zur interdisziplinären Auseinandersetzung mit den Dingen ein.
Schwerpunkt der Tagung soll die anhand von Beispielen (auch
zeitgenössisch) geführte Auseinandersetzung mit materieller Kultur als
Erkenntnismedium liegen. Was kann materielle Kulturforschung leisten und
wo liegen ihre Grenzen? Wir laden daher besonders zu Vorträgen ein, die
sich mit den theoretischen Implikationen der materiellen Kulturforschung
befassen. 


Quelle und weitere Infos: hsozkult 

Dienstag, 26. Februar 2013

HÖRSACHE NR. 15: Der PEZ-Automat


© Technisches Museum Wien



Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
Am 25. Februar 2013 begab sich die Sendung in das Jahr 1957 und beschäftigte sich mit dem legendären PEZ-Automaten (Interview mit Christian Stadelmann).  

Erfunden wurde das PEZ-Zuckerl zwar schon 1927 vom Lebensmittelhersteller Eduard Haas, aber 1957 startete mit dem von Gerhard Brause entworfenen PEZ-Girl (nach dem Vorbild von Gerda Jahn, die damals einen Bravo-Wettbewerb gewonnen hatte) eine neue, an die US-amerikanische Populärkulturästhetik angelehnte Werbelinie, die für den Erfolg der Marke eine wichtige Rolle spielen sollte.
In der Sendung erfährt man u. a., was die PEZ-Zuckerln und PEZ-Spender mit dem Rauchen zu tun haben. 


Mehr zu PEZ (u. a. Fotos vom Tagesablauf des PEZ-Girls) und weiteren Warenautomaten aus den 1950er Jahren gibt es in:
Susanne Breuss (Hg.): Die Sinalco-Epoche. Essen, Trinken, Konsumieren nach 1945 (= Ausstellungskatalog Wien Museum). Wien 2005.
 

Montag, 25. Februar 2013

FUNDSACHE NR. 10: Schneemänner


Wien/Augarten 2013 © Susanne Breuss


An diesem verschneiten Wochenende im Wiener Augarten gefunden: Ganze Heerscharen von Schneemännern, in allen Größen und Formen (darunter auch einige Frauen, weiters scheinen Iglus gerade in Mode zu sein) 
Und natürlich hat auch diese Figur aus dem einzigen Baumaterial, das vom Himmel fällteine Geschichte:
Der Schneemann ist ein vergängliches Phänomen, denn die Lebensdauer des Originals ist auf schneereiche Wintertage begrenzt. Der kalte Geselle hat jedoch aus kulturgeschichtlicher Perspektive eine spannende Motiventwicklung, die sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen lässt – auch wenn offen bleiben muss, seit wann aus Schnee Figuren geformt werden. Denn an dieser winterlichen Randerscheinung lassen sich gesellschaftliche Veränderungen ablesen: im Verhältnis zur Jahreszeit, in pädagogischen Zielsetzungen sowie im Konsumverhalten.
In der Zeit des Biedermeier beginnt zeitgleich mit der Entdeckung der Kindheit die Erfolgsgeschichte des Schneemanns. Als Symbol für die kalte Jahreszeit wacht er in vielen Kinderbuchillustrationen über winterliche Freizeitvergnügungen wie Schlittenfahren und Schlittschuhlaufen. Zunächst eher als grimmiger Torwärter gestaltet, entwickelt er sich mehr und mehr zum kugeligen Spielkameraden der Kinder, den diese voller Elan aufbauen, aber auch in Schneeballschlachten wieder zerstören.
An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert beginnt seine zweite, äußerst vielseitige Karriere. Als jahreszeitlicher Bote überbringt der Schneemann Glückwünsche auf Weihnachts- und Neujahrskarten, als sympathischer Werbeträger verspricht er, je nach Produkt, Frische oder körperliches Wohlbefinden, und als Spielfigur erfreut er das Kinderherz. Vor allem entfaltet er nun seine Qualitäten als winterliche Dekorationsfigur. Mit der runden weißen Form eignet er sich als stilvoller Christbaumschmuck ebenso wie als naiv-lustige Kitschfigur. In der bunt-glitzernden Konsumwelt wird der Schneemann heute in allen möglichen Formen und Materialien vermarktet: als Seife, Kuscheltier, Kerze, Krawatte, Serviettenring, Leuchtfigur, Telefonkarte und sogar als Strandlaken.
Text: Heimatmuseum Reutlingen 

Wien/Augarten 2013 © Susanne Breuss

Wien/Augarten 2013 © Susanne Breuss

Freitag, 22. Februar 2013

WERTSACHE NR. 1: Taschentuch des Todes


"Welches Alltagsding hat für Dich/Sie einen besonderen Wert?" Diese Frage beantworten hier unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Vorlieben und Interessen. Besonders sein, das können Gegenstände, die den Alltag schöner, angenehmer, sinnvoller oder lustiger machen, die an etwas Bedeutsames erinnern, ein Symbol für eine wichtige Erfahrung sind, oder die man einfach gerne um sich oder bei sich hat. Dinge, die einem wichtig sind, müssen nicht unbedingt "wertvoll" im monetären Sinn sein - oft genug handelt es sich dabei um auf den ersten Blick banale und unscheinbare Dinge oder simple und billige Massenprodukte. Zu "Wertsachen" oder Lieblingsdingen werden sie in jedem Fall erst durch die persönliche Geschichte, die sich mit ihnen verbindet.





Wertsache Nr. 1 wurde ausgewählt von Ela Grabner: Es handelt sich um einen sehr gewöhnlichen Alltagsgegenstand, nämlich ein Papiertaschentuch. Das Besondere an diesem Exemplar ist sein Aufdruck, denn er stellt einen Bezug zu einem ihrer Interessens- und Arbeitsschwerpunkte, der Geschichte des Todes, her. Woher dieses Interesse rührt? Ela Grabner erkärt es sich damit, dass sie einen Großteil ihrer Vorschuljahre in Begleitung ihrer früh verwitweten Großmutter auf dem Friedhof einer westösterreichischen Kleinstadt verbracht und dort zahlreiche, in der Friedhofskapelle aufgebahrte Tote unter Spitzenschleiern oder mit Totenkrönlein gesehen hat. Bis zu jener Schulzeichnung, die dazu führte, dass ihre Eltern vom Direktor vorgeladen wurden, war es da nicht mehr weit: Mit zehn Jahren malte sie im Unterricht ihren eigenen Grabstein samt invertiertem Kreuz. Mit zwölf geriet sie - vorhersehbar - in die Schwarze Szene.

Hier stellt sie ihre Wertsache vor:
Das (Papier-)Taschentuch des Todes (2012) - Mein Beitrag zur Schnupfen- und Grippezeit:
Der entzückende, gesichtslose Sensenmann mit Kapuze ist eine Schöpfung des deutschen Zeichners Joscha Sauer und gehört zu seiner Cartoonserie "Nicht Lustig". Neben den suizidalen Lemmingen, den Yetis, Sauriern oder Herrn Riebmann, der in der Wand wohnt, fällt vor allem der Tod durch seine eigene Persönlichkeit in den ironischen, schwarzhumorigen Bildgeschichten auf.
Aufgrund seiner Popularität und trotz - oder gerade wegen ? - der ubiquitären Angst vor ihm ziert er zahlreiche "Gimmick"-Artikel, vom Kugelschreiber bis zum Handtuch, von der Geldbörse bis zum Notizbuch.
Was, Sie sind schon erkältet? Dann probieren Sie die selbstverständlich ebenfalls nicht lustigen "Mints des Todes" - und bald sind Sie nicht nur Ihren Schnupfen los... You've been warned.
Mit Texten und Bildern bedruckte Taschentücher gibt es übrigens schon ziemlich lange (wobei der Begriff Taschentuch erst seit dem frühen 19. Jahrhundert gebräuchlich ist - älter sind die Bezeichnungen Schneuztuch, Schnupftuch oder Nasentuch). So erkannte etwa der Herzog von Marlborough die Eignung des Taschentuchs als politisches Werbemittel: Er ließ 1702 seine Siege und 1710 seine Parlamentsrede auf Tücher drucken und verteilen. Als Geschenk oder Souvenir beliebt waren mit Landkarten, Kalendern, Porträts von Prominenten, Karikaturen, Partituren, Witz- oder Spottbildern bedruckte Taschentücher.


TERMINSACHE NR. 17: Geschmacksfragen

Tagung:

Geschmacksfragen - Empirische Befunde und methodische Konzepte europäisch-ethnologischer Populärkulturforschung
Zweite Arbeitstagung der dgv-Kommission "Kulturen populärer Unterhaltung und Vergnügung" (KPUV)
Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft
Burgsteige 11, 72070 Tübingen / 24.-26. Mai 2012 / info@kpuv.de


Ankündigungstext:
Weit über das bekannte Konzept Pierre Bourdieus hinaus stehen mit "dem Geschmack" oder "den Geschmäckern" zentrale Zusammenhänge praktizierter Unterhaltung und Vergnügung zur Debatte. Im Kern geht es um Beschreibung, Interpretation, Kontextuierung und "Erklärung" der ästhetischen Präferenzen von Menschengruppen, die sie zu Akteuren bestimmter Felder der Populärkultur werden lassen. Wenn Populärkultur das ist, was "vielen gefällt", dann ist die Untersuchung dieses "Gefallens" zentral, und das Konzept des Geschmacks bietet hierfür wichtiges analytisches Instrumentarium. Zu untersuchen sind in diesem Zusammenhang nicht nur Vorlieben, Wahlentscheidungen und Praktiken von Publika; wenig erforscht ist die Seite der Kreativen oder Produzenten. Wie kommen sie innerhalb des gewählten Genres zu ihren ästhetischen Präferenzen, und wie sieht die Interaktion mit den Präferenzen der Nutzer aus?
Wenn "Geschmack" nicht nur ein anderer Name für die Beschreibung häufig genutzter Angebote sein soll, dann braucht es Kategorien für den Gegenstand und entsprechend differenzierte und reflektierte Methoden zu seiner Erfassung und Deutung. Insbesondere die Leistungsfähigkeit des ethnographischen Forschungsrepertoires ist auf der Tagung zu diskutieren. Dazu zählt als ein basaler Ausgangspunkt die Untersuchungsposition der Forschenden. Welchen "Geschmack" bringen sie in die Untersuchung ein? Wie weit ist er überhaupt der Reflexion zugänglich? Welche Rolle spielt er bei der Wahrnehmung und Interpretation anderer Geschmäcker? Welche Konsequenzen für Forschung und Ergebnisdarstellung folgen daraus?
Die thematische Bandbreite der Vorträge reicht von der Farbe Rosa über Ethnische Gastronomie und verschiedene städtische Veranstaltungen bis hin zu theoretischen und methodischen Fragen der Populärkulturforschung. 

Donnerstag, 21. Februar 2013

TERMINSACHE NR. 16: Alltagsperspektiven im besetzten Warschau


Buchpräsentation und Diskussion:

Alltagsperspektiven im besetzten Warschau. Fotografien eines deutschen Postbeamten (1939-1944)
Dienstag, 5. März 2013, 19 Uhr
Polnische Akademie der Wissenschaften/Wissenschaftliches Zentrum in Wien,
Boerhaavegasse 25, 1030 Wien 
Infos 

Buchpräsentation:
Rudolf Jaworski, Florian Peters
Podiumsdiskussion:
Heidi Hein-Kircher, Rudolf Jaworski, Florian Peters, Timm Starl, Heidemarie Uhl

Mittwoch, 20. Februar 2013

HÖRSACHE NR. 14: Der Lohner-Roller

Lohner-Roller

© Technisches Museum Wien



Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.

Am 18. Februar 2013 begab sich die Sendung in das Jahr 1955 und beschäftigte sich mit dem von der österreichischen Firma Lohner - nach dem Vorbild der italienischen Vespa - produzierten Motorroller: Ein für Stadt- und Landfahrten konzipiertes Gefährt, das nicht zuletzt auch die damals grassierende Italien-Sehnsucht bediente und zum Teil tatsächlich für Fahrten in den Süden genutzt wurde (Interview mit Anne-Katrin Ebert).


Dienstag, 19. Februar 2013

FORSCHUNGSSACHE NR. 3: Der Wert der Dinge


Tagungsbericht (Quelle: hsozkult):

Der Wert der Dinge. Wertsetzungsprozesse und Wertverschiebungen in Ding-Mensch-Netzwerken im 19. und 20. Jahrhundert
Simone Derix, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München; Benno Gammerl, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin
19.09.2012-21.09.2012, München

Bericht von:
Daniela Gasteiger / Hannes Ziegler, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

Auszug aus dem Bericht:

"Dinge sind en vogue und das nicht mehr nur, wie bereits seit einigen Jahren, in theoretischen oder programmatischen Texten, sondern auch in Forschungsvorhaben, Veranstaltungen, Publikationen und, in zunehmendem Maße, gezielten Förderprogrammen. Während das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in einer Förderinitiative auf die 'Sprache der Objekte' hinweist und zur Antragstellung aufruft, lädt die Deutsche Gesellschaft für Volkskunde, die die materielle Kultur früher mit großer Selbstverständlichkeit zu ihrem ureigensten Zuständigkeitsbereich rechnete, anlässlich ihrer 39. Jahrestagung im September 2013 dazu ein, über 'Materialisierung von Kultur' nachzudenken. Der Arbeitskreis Geschichte und Theorie hat sich bereits mehrfach mit Dinggeschichten auseinandergesetzt und ging daher in einer vom 19. bis 21. September im Historischen Kolleg in München veranstalteten Tagung noch einen Schritt weiter: Den 'Wert' der Dinge für historiographische Fragestellungen bereits als selbstverständlich hinnehmend, hinterfragten die Veranstalter mit ihrer Tagung die Selbstverständlichkeit, mit der in der Forschung gewöhnlich dinggeschichtliche und wirtschaftsgeschichtliche Fragestellungen getrennt werden und machten es sich zur Aufgabe, nach dem heuristischen Potenzial einer solchen Verbindung zu fragen."

Montag, 18. Februar 2013

FOTOSACHE NR. 9: Skihosen für Frauen



© Archiv Susanne Breuss


Die einen gehen selber Skifahren, die anderen blättern - so wie ich - in alten Fotoalben und Modezeitschriften und schauen, was für Kleidung auf der Piste und im Schnee getragen wurde. Gefunden habe ich diese aus der Genderperspektive interessante Amateuraufnahme aus dem Jahr 1931, aufgenommen im Rahmen eines Skiausflugs: Mann und Frau im Partnerlook, beide in "Norwegerhose" und Skihemd mit Reißverschluss. Damals war ein derartiger Anblick gerade erst dabei, alltäglich zu werden, denn das Hosentragen von Frauen war noch nicht lange gesellschaftlich akzeptiert und beschränkte sich noch immer weitgehend auf den Sport- und Freizeitbereich.

Mehr zur Geschichte der Damenhose im Skisport und zur Entwicklung von der verspotteten "Hoserldame" zum Role Model gibt es hier nachzulesen:

Susanne Breuss: Attraktive "Hoserldame" (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 16./17. Februar 2013, S. 43. 

Sonntag, 17. Februar 2013

FUNDSACHE NR. 9: Orientierungssysteme in Wiener Gemeindehöfen



Karl Marx-Hof, Wien XIX 
© Susanne Breuss (2013)
 

Anton Proksch-Hof, Wien XIX
© Susanne Breuss (2013)


Beim Spaziergang im 19. Wiener Gemeindebezirk aufgefallen: Die Stiegennummerierung im Karl-Marx-Hof (erbaut 1926-1930) und der keramische Orientierungsplan für den weitläufigen Anton Proksch-Hof (erbaut 1954-1956). 


Zur Geschichte der Hausnummerierung als Ordnungssystem siehe die Website des Historikers Anton Tantner. 


Samstag, 16. Februar 2013

FUNDSACHE NR. 8: Musealisierung einer Raupe


Foto © Michael Matzenberger


Im Winter haben Vergnügungsparks einen sehr eigenen Reiz, sie sind weniger bunt, schrill und laut, und so wird der Blick auf Details gelenkt, die man im Getriebe der Hochsaison leicht übersieht. Michael Matzenberger hat diese Gelegenheit genützt und im Böhmischen Prater in Wien fotografiert. Unter anderem dieses Hinweisschild zur Geschichte einer Raupe (= ein Fahrgeschäft). Weitere Fotos von Michael Matzenberger aus dem winterlichen Böhmischen Prater auf Standard online und nulleffekt.net (Die bunte Geisterstadt im Schnee).

Außerdem noch ein Lesetipp zum Thema: Mein ehemaliger Studienkollege Wolfgang Slapansky hat seine Dissertation über den Böhmischen Prater geschrieben - sie wurde auch als Buch publiziert:

Wolfgang Slapansky: Das kleine Vergnügen an der Peripherie. Der Böhmische Prater in Wien. Wien 1992 (Picus Verlag).

 
Foto © Michael Matzenberger

Foto © Michael Matzenberger



Donnerstag, 14. Februar 2013

HÖRSACHE NR. 13: Nylonstrümpfe



Nylonstrümpfe

© Wien Museum


Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
Am 11. Februar 2013 begab sich die Sendung in das Jahr 1952, widmete sich einem Paar Nylonstrümpfe und ging der Frage nach, wieso diese in der damaligen Zeit über ihre praktische Bedeutung als Kleidungsstücke hinaus auch stark symbolisch aufgeladen waren (Interview mit Susanne Breuss).

Die Geschichte von Nylon beginnt bereits vor dem Zweiten Weltkrieg: 1937 meldete der US-amerikanische Chemiekonzern Du Pont die Kunstfaser Nylon zum Patent an und präsentierte sie zwei Jahre später stolz auf der Weltausstellung in New York: Es war die erste vollsynthetische Textilfaser. Zur gleichen Zeit wurde im nationalsozialistischen Deutschland das nahezu identische Perlon entwickelt und produziert. In beiden Ländern nutzte man die neu entwickelten Fasern zwar schon bald auch für die Herstellung von Damenstrümpfen, zunächst kam ihnen allerdings vor allem eine kriegsrelevante Rolle zu. In beiden Ländern wurden die Fasern für militärische Zwecke genutzt. Für Deutschland war Perlon zudem im Rahmen seiner Autarkiepolitik relevant - und für die Herstellung von Männerfußbekleidung, nämlich strapazierfähiger Socken für die Wehrmachtssoldaten. Auch das Kriegsende ist eng mit diesen Fasern verknüpft: Mit Nylon-Fallschirmen landeten die Alliierten in Westeuropa.

Aus Fallschirmseide wurden dann nach dem Krieg in Ermangelung anderer Stoffe häufig Kleidungsstücke genäht und der von der Firma Palmers bereits 1942 entwickelte "Strumpfzauber" war noch immer als Ersatzmittel im Einsatz: "Auch ohne Strümpfe schöne Beine" lautete der Slogan für das hautfärbende Schminkprodukt, das den Anschein bestrumpfter Damenbeine erwecken sollte, mit einer "Naht" aus Augenbrauenstift. Echte Nylonstrümpfe gab es zwar ebenfalls wieder, doch in Österreich und Deutschland waren sie noch purer Luxus und entsprechend heiß begehrt. Sie kamen mit den amerikanischen GI's in die westlichen Besatzungszonen und galten wie andere damals geradezu mythisch überhöhte Konsumgüter wie Coca Cola oder Blue Jeans als Symbole für den amerikanischen Lifestyle. Sie dienten auf dem Schwarzmarkt als Zahlungsmittel und sie galten im Hinblick auf Beziehungen zwischen amerikanischen Soldaten und einheimischen Frauen vielen als Symbol für käufliche Liebe. 

Jedenfalls aber waren Frauenbeine in Nylonstrümpfen (Perlon durfte erst später wieder produziert werden) ein Zeichen für den Aufbruch in ein neues Leben und bedeuteten ein Gegenprogramm zu den Jahre lang herrschenden Bildern von der gebärfreudigen "Deutschen Mutter" und der aufopfernden "Trümmerfrau". Diese Form der (Re-)Sexualisierung kam allerdings nicht bei allen gut an, so manches Werbeplakat für die Strümpfe aus der modernen Wunderfaser galt als unsittlich und unzüchtig, und Beschimpfungen wie "Amiflittchen" waren keine Seltenheit. 
Erst als sich ab den späten 1940er Jahren eine Normalisierung der Versorgungslage abzeichnete und ab den 1950er Jahren Kleidungsstücke allmählich wieder in ausreichender Menge produziert wurden, konnten sich die Nylon- und später auch die Perlonstrümpfe nach und nach zur alltäglichen Beinbekleidung entwickeln. Die 1950er Jahre waren wie auch noch die 1960er Jahre durch sehr hohe Steigerungsraten in Produktion und Konsum von Nylon und Perlon gekennzeichnet - wobei die Strümpfe bald zahlreiche Brüder und Schwestern in Form von Hemden, Blusen, Unterwäsche etc. erhielten

Trotz ihrer schweißtreibenden Wirkung standen Kleidungsstücke aus Synthetics ganz oben in der Beliebtheitsskala, denn sie waren leicht zu pflegen, reiß- und scheuerfest, hatten eine gute Paßform und ein geringes Gewicht (was sie gerade auch im Zusammenhang mit der aufkommenden Reise- und Ausflugswelle zu beliebten Begleitern machte). Chemiefasern haftete damals noch nicht jener negative Beigeschmack an, der sich ab den späten 1960ern bemerkbar machen sollte, sie standen noch für eine komfortable, unbeschwerte Lebensweise und einen modernen, fortschrittlichen Lebensstil. Den Nylon- und Perlonstrümpfen fehlte allerdings eine Eigenschaft, die ihnen anfangs noch nachgesagt wurde: Sie waren nicht laufmaschenfrei - doch zur Behebung dieser häufigen Malheure gab es angesichts der noch immer hohen Preise der Strümpfe eigene Reparatureinrichtugnen, die Repassierwerkstätten        


Website "Zum Greifen nah"  
Zum Nachhören 


Sonntag, 10. Februar 2013

FOTOSACHE NR. 8: Das Greterl als "Altwiener" Mäderl



Die Bühne, 1930

© Archiv Susanne Breuss

Kurz bevor der Fasching zu Ende geht, ist hier das Greterl als Biedermeiermäderl verkleidet zu sehen (links bzw. rechts daneben vermutlich die Cousine). Der Auftritt fand anlässlich des großen Eisfestes der Jugend auf dem Platz des Wiener Eislaufvereins statt. Das linke Foto klebt im Familienalbum, das rechte findet sich in einer Illustrierten: Die Zeitschrift Die Bühne. Wochenschrift für Theater, Kunst, Film, Mode, Gesellschaft, Sport brachte im Jänner 1930 einen reich bebilderten Beitrag über das Eisfest, der auch eine Aufnahme der beiden Mädchen in ihren nostalgischen Rüschenkleidern und Schutenhauben enthält.  

Das Biedermeier zählt zu den wichtigsten historischen Bezugsepochen der Wien-Nostalgie. "Alt Wien", dieser vielfach imaginierte Ort bzw. Zustand, erlebte seit seiner "Erfindung" im ausgehenden 19. Jahrhundert immer wieder Konjunkturphasen, so auch nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Ende der Habsburgermonarchie. Das Greterl befand sich damals mit seiner Kostümierung also voll im Trend der Zeit - wie auch zahlreiche andere am Eisfest der Jugend teilnehmende Kinder.  

Mehr zum Greterl im Biedermeierkostüm und zur "Alt Wien"-Nostalgie gibt es hier zu lesen: 

Susanne Breuss: Biedermeier auf dem Eis (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 19./20. Jänner 2013, S. 43. 

  

Freitag, 8. Februar 2013

FOTOSACHE NR. 7: Fasching im Schaufenster



© Archiv Susanne Breuss


Noch einmal das Thema Schaufenster zur Faschingszeit: Dieses mal die Auslage eines Schuhgeschäfts in Wien-Hernals, fotografisch dokumentiert im Jahr 1939, wie das Schild im Fenster verrät.

Während um 1900 in den Schaufenstern vielfach Spektakel und Illusion regierten, galten in der Zwischenkriegszeit neue Grundsätze für die Auslagengestaltung: Propagiert wurden nun Fenster, die sich auf die Produkte selbst konzentrierten und ihre Funktion und Herkunft aus dem industriellen Fertigungsprozess reflektierten - serielle Anordnungen von identischen oder miteinander in Beziehung stehenden Objekten, Arrangements in einfachen geometrischen Mustern. 
Ob jener Schuhhändler aus Hernals, dessen Geschäftsauslage das hier abgebildete Foto zeigt, sich bewusst mit dieser neuen Schaufensterästhetik auseinandergesetzt hat, wissen wir nicht. Vielleicht hat er auch einfach nur imitiert, was zunehmende Verbreitung fand, oder kostenbewusst kalkuliert. Die Präsentation der Schuhe folgte jedenfalls weit mehr den neuen Konzepten, als den Bedürfnissen früherer Jahrzehnte nach üppigen Kulissen und Dekorationen. Beherzigt hat er auch den Rat, immer wieder neue, jahreszeitlich passende Akzente zu setzen: Mit einfachen Mitteln, einigen Papierschlangen und einem kleinen Plakat, wurde Faschingsstimmung in die Auslage gebracht.  

Texte: 

Susanne Breuss: Fasching im Schaufenster (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 17.2.2007. S. 2.

Beim Thema Schuhe in den 1930er Jahren sei auch auf eine äußerst interessante und vielschichtige historische Studie verwiesen: 

Anne Sudrow: Der Schuh im Nationalsozialismus. Eine Produktgeschichte im deutsch-britisch-amerikanischen Vergleich. Göttingen 2010 (Wallstein Verlag, 876 Seiten, 69,90,- Euro)


Donnerstag, 7. Februar 2013

HÖRSACHE NR. 12: Schaufenster als Ballspende


© Wien Museum



Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden. 

Passend zum Opernball gibt es heute einen Rückblick auf die Sendung vom 17. September 2012, die sich in das Jahr 1902 begab und einer Ballspende in Form eines Geschäftsportals mit Warenauslage gewidmet war (Interview mit Susanne Breuss). 

Die für die teilnehmenden Damen vorgesehenen Ball- oder Damenspenden hatten und haben häufig einen Bezug zu aktuellen gesellschaftlichen und kulturellen Phänomenen. So auch dieses Exemplar von einem kaufmännischen Ball in Wien. In der Zeit um 1900 erlebte das Schaufenster als Medium der Warenwerbung nämlich einen ersten Höhepunkt: Nicht nur sahen der Handel und die Produzenten in der Warenauslage eine wesentliche Verkaufsstrategie, auch Architekten, Künstler und Wissenschaftler widmeten ihr große Aufmerksamkeit (u. a. erhoffte man sich in der künstlerischen Gestaltung von Schaufenstern ein Mittel zur ästhetischen Volksbildung und zur ästhetischen Verbesserung des urbanen Raums). Um die Jahrhundertwende veränderten neue Formen der Konsumkultur massiv das Antlitz der Städte. Vor allem in innerstädtischen Straßenzügen reihte sich nun eine Warenauslage an die andere, und große Warenhäuser zelebrierten mit Hilfe eindrucksvoller Architektur und aufwendiger Inszenierungen die Ware als Fetisch und Kulturgut   

Als Damenspende erschien ein Schaufenster vermutlich deshalb als besonders geeignet, weil damals den Frauen eine immer wichtigere Funktion als Konsumentin zukam und sich die Auslagengestaltung daher verstärkt an den - tatsächlichen oder vermeintlichen - Bedürfnissen bzw. Interessen der weiblichen Kundschaft orientierte.  
Die Rolläden dieser Miniatur-Schaufenster lassen sich übrigens hinaufziehen, darunter ist dann allerdings kein Warenangebot zu sehen, sondern das Musik- und Tanzprogramm des kaufmännischen Balls. Die Tatsache, dass diese Ballspende in der Form des Portals eines kleinen Geschäfts gestaltet ist, verweist auf den spezifischen Wiener Hintergrund: Hier dominierten nämlich die Kleinbetriebe, große Warenhäuser gab es im Unterschied zu Städten wie Berlin, Paris, London oder New York eher wenige und diese hatten auch vergleichsweise bescheidene Dimensionen.          
 

Texte:
Susanne Breuss: Window Shopping. Eine Fotogeschichte des Schaufensters (Ausstellungskatalog Wien Museum). Wien 2010.  
Susanne Breuss: Exponierte Waren. Zur Entwicklung der modernen Schaufensterkultur im 19. und frühen 20. Jahrhundert. In: Forum Ware. Internationale Zeitschrift für Warenlehre 38 (2010) 1-4. S. 51-55.
pdf    
Susanne Breuss: Bühnen der Warenwelt. Seit dem 19. Jahrhundert ist die attraktive Gestaltung von Schaufenstern ein wichtiges Mittel der Kundenwerbung. In: Wiener Zeitung Extra, 28.11.2009. S. 5. 
Daniel Kalt: Prachtvolle Weihnachtsvitrinen. Im Schaufenster zeigen sich Geschäfte von ihrer besten Seite. In: Die Presse, 9.12.2010.
Text auf Die Presse online 

Mittwoch, 6. Februar 2013

HÖRSACHE NR. 11: Eine Dose Frühstückskakao


Kakaodose
© Wien Museum



Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden. 

Am 4. Februar 2013 begab sich die Sendung in das Jahr 1947 und beschäftigte sich mit einer Dose Frühstückskakao (Interview mit Gerhard Milchram). Ein unscheinbares kleines Objekt, das davon erzählt, dass der Krieg zwar vorbei war, aber das Geschehene weder vorbei noch bewältigt. Die Aufschriften "DP" und "A Gift from American Jews" verweisen auf weit mehr als die schwierige Ernährungssituation dieser Jahre: Der Kakao zählte zu jenen Spenden, die DP's (= Displaced Persons), also Kriegsflüchtlinge, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Juden (vor allem Überlebende aus den Konzentrationslagern) erhielten. In Österreich gab es zahlreiche DP-Lager, das größte für jüdische DP's befand sich im Wiener Rothschildspital am Währinger Gürtel. In der Sendung ist auch eine Zeitzeugin zu hören, deren Erinnerungen ein Bild jener Gleichgültigkeit vermitteln, die den jüdischen Überlebenden damals vielfach entgegen schlug - symptomatisch für die mangelnde Auseinandersetzung mit dem Holocaust und für den Nachkriegsantisemitismus.