"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Sonntag, 10. Februar 2013

FOTOSACHE NR. 8: Das Greterl als "Altwiener" Mäderl



Die Bühne, 1930

© Archiv Susanne Breuss

Kurz bevor der Fasching zu Ende geht, ist hier das Greterl als Biedermeiermäderl verkleidet zu sehen (links bzw. rechts daneben vermutlich die Cousine). Der Auftritt fand anlässlich des großen Eisfestes der Jugend auf dem Platz des Wiener Eislaufvereins statt. Das linke Foto klebt im Familienalbum, das rechte findet sich in einer Illustrierten: Die Zeitschrift Die Bühne. Wochenschrift für Theater, Kunst, Film, Mode, Gesellschaft, Sport brachte im Jänner 1930 einen reich bebilderten Beitrag über das Eisfest, der auch eine Aufnahme der beiden Mädchen in ihren nostalgischen Rüschenkleidern und Schutenhauben enthält.  

Das Biedermeier zählt zu den wichtigsten historischen Bezugsepochen der Wien-Nostalgie. "Alt Wien", dieser vielfach imaginierte Ort bzw. Zustand, erlebte seit seiner "Erfindung" im ausgehenden 19. Jahrhundert immer wieder Konjunkturphasen, so auch nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Ende der Habsburgermonarchie. Das Greterl befand sich damals mit seiner Kostümierung also voll im Trend der Zeit - wie auch zahlreiche andere am Eisfest der Jugend teilnehmende Kinder.  

Mehr zum Greterl im Biedermeierkostüm und zur "Alt Wien"-Nostalgie gibt es hier zu lesen: 

Susanne Breuss: Biedermeier auf dem Eis (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 19./20. Jänner 2013, S. 43. 

  

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