"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Freitag, 16. Mai 2014

ANSICHTSSACHE NR. 58: Geschichte willkommen - Ein partizipatives Ausstellungsprojekt im Sandleitenhof im Rahmen von SOHO in Ottakring



www.geschichte-willkommen.at 01 (v.r.n.l. Katrin Sippel, Christiane Rainer, Kazuo Kandutsch. C Christiane Rainer. Bei Abdruck honorarfrei)
© Christiane Rainer
 


Im Rahmen des Festivals SOHO in Ottakring gibt es heuer unter dem Titel "Geschichte willkommen" eine partizipative Pop-Up-Ausstellung zur Geschichte des Sandleitenhofs, der größten kommunalen Wohnhausanlage des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit, erbaut in den Jahren 1924-1928. 
Eröffnung ist am 17. Mai 2014 um 18 Uhr, zu sehen ist die Ausstellung im Foyer des ehemaligen Kinos des Sandleitenhofs bis 31. Mai 2014.
Website der Ausstellung
Beitrag zum Ausstellungsprojekt auf Okto (Sendung vom 8.5.2014, ab 6:26)


Ich habe die Kurator/inn/en Kazuo Kandutsch, Christiane Rainer und Katrin Sippel (sie sind auf dem Foto oben zu sehen) zu ihrem Projekt und ihren Intentionen befragt:


Wie ist die Idee zu dieser Ausstellung entstanden, gab es einen bestimmten Anlass?

Anlass war der Call von SoHo in Ottakring, die Aufforderung zum Einreichen von Projektideen. Kazuo Kandutsch hatte davon erfahren und uns, Christiane Rainer und Katrin Sippel, ins Boot geholt, um gemeinsam eine kulturhistorische Ausstellung zu konzipieren. Als Gestalter konnte Dominik Hruza gewonnen werden, als Ort wurde nach einer Begehung das Kino ausgewählt.  



Wieso der Sandleitenhof?

Weil SoHo in Ottakring 2014 vom Yppenplatz nach Sandleiten übersiedelt ist. Das Thema von SoHo 2014 ist „Sandleiten auf Draht“.

 

Wodurch unterscheidet sich diese Ausstellung von „herkömmlichen“ Ausstellungsformaten und was ist ihr Ziel?

Der Unterschied zu „herkömmlichen“ Ausstellungen ist, dass die Besucher_innen durch Einbringen von Leihgaben sowie durch ihre Geschichten zu diesen Objekten und Erinnerungsgegenständen die Ausstellung mitgestalten können. Die kuratorische Auswahl behalten wir uns doch immer vor.
Ziele sind:
Wecken des Bewusstseins für die eigene Geschichte und Gegenwart
Belebung und Aufwertung des Orts
Kunst- u. Kulturangebot für Bewohner_innen
„Spuren hinterlassen“
Geschichte erlebbar machen
 


 

Wie funktioniert die Ausstellung genau? Ist am Beginn noch gar nichts zu sehen und entsteht sie tatsächlich erst mit den Objekten, Bildern und Geschichten, die die Bewohner/innen vorbei bringen? Gibt es eine von Euch entwickelte inhaltliche Struktur oder entsteht diese auch erst durch die Partizipation der Sandleitenhof-Bewohner/innen?

Wir haben eine Grunderzählung, d. h. eine inhaltliche Struktur, vorbereitet, die sich in die Kapitel
- Geschichte des Sandleitenhofs
- Alltag und Freizeit (inklusive Kongresspark und Kongressbad, die Teil des Baukonzepts waren)
- Austrofaschismus, Nationalsozialismus
- Zukunft
gliedert. Für einige dieser Kapitel haben wir, auch für den Fall, dass zum jeweiligen Bereich zu wenige mögliche Exponate von Besucher_innen kommen, mögliche Exponate – Archivalien, Fotos etc. vorbereitet.
Zusätzlich hat unser Gestalter Dominik Hruza Plakate zu Filmen gestaltet, die im Sandleitenkino zwischen 1928 und 1966 gezeigt wurden.
Aus dem Bezirksmuseum haben wir digitale Fotodateien zum Sandleitenhof bekommen, Fotos nachproduziert, die werden in alten Fotoalben zum Durchblättern aufliegen.
Die Raumtexte sind schon von Anfang an vorhanden, Objekttexte werden während der Ausstellung geschrieben.
Was (hoffentlich) von den Besucher_innen kommt:
- Objekte, die in die Erzählung integriert werden
- Im Zuge der Ausstellung geht es auch um den Alltag in Sandleiten und dessen Zukunft. Wir versuchen, von den BewohnerInnen Kommentare zum Zusammenleben und konkrete Vorschläge dazu zu sammeln. Sollte das gelingen - solche partizipativen Ansätze in Ausstellungen müssen intensiv begleitet und betreut werden, wozu wir in dem Umfang nicht die Kapazitäten haben – aber wir versuchen es trotzdem.
Was noch dazukommt:
- Instant-Schnappschussporträts aller Besucher_innen von uns
- Portraits ausgewählter Besucher_innen durch eine Fotokünstlerin



Was passiert mit diesen Dingen und Geschichten nach dem Ende der Ausstellung – ist geplant, etwas „Bleibendes“ damit zu machen?

Wir haben mit dem Bezirksmuseum Ottakring gesprochen, ob sie an einer Übernahme interessiert sind, das hängt von der Art der Exponate ab. Vorerst ist geplant, die Objekte an den letzten beiden Ausstellungstagen zu retournieren.



Ort der Ausstellung ist das ehemalige Kino im Sandleitenhof. Was passiert dort sonst – ist die Originaleinrichtung noch erhalten und ist es in irgendeiner Form zugänglich?

Das Kino wurde 1966 in eine Konsumfiliale umgebaut, dann kam Meinl, seit Mitte der 90er ist der Raum leer.
Unsere Ausstellung findet im ehemaligen Kinofoyer statt, mit einem Blow-up-Transparent zeigen wir, wie der Kinosaal ausgeschaut hat. Es wurde alles verbaut, wo die Sitzreihen waren, sind m. W. jetzt Caritas-Büros ... Von verbliebener Originaleinrichtung ist uns nichts bekannt.




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