"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Donnerstag, 29. Mai 2014

WILD THING NR. 2: Automobil-Outfit






Modekritik in einer 1907 erschienenen Kunstzeitschrift:
 
Die Sucht nach originellen Neuheiten führt oft zu sonderbaren Übertreibungen. Und wenn die Launen der Mode irgendwo bizarr sind, so sind sie es bei den Kostümen der Automobilisten, die zuweilen in ihrer übertrieben eigenartig geformten Schutzkleidung mehr vorweltlichen Fabelwesen als Menschen gleichen. Es ist verständlich, wenn ein biederes Bäuerlein vor einem so vermummten Autofahrer davonlief mit den Worten: "Der Teufel kommt." System Hieronymus heißen die modernsten "Rüsselmasken", aber so schnell fährt nicht einmal ein Hieronymus, um ihrer zu bedürfen. Unser Bild zeigt eine komplette Automobildreß in demselben "ausgerissenen" Stile. Der Automobilist trägt außer der bewußten Maske auch das "parapluie du chauffeur" und hat, um den Eindruck noch zu erhöhen, noch "Antiderapant"-Handschuhe angetan, eine mit Nieten beschlagene Handbekleidung, die zwar nicht zum Automobilsport gehört, dagegen aber bei den Rodlern sehr beliebt ist, denen sie ein gleitsicheres Steuern ermöglicht.

 

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