"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Sonntag, 3. März 2013

FUNDSACHE NR. 12: Wiener "Reibpartien" - Neu aufgetauchte Fotos von Straßen waschenden Juden


Sogenannte Reibpartien im zweiten Bezirk in Wien, kurz nach dem Anschluss am 12. März 1938. Erschienen sind solche Aufnahmen in der Nazipresse nicht. Offenbar scheuten die Behörden davor zurück, aller Welt das wahre Gesicht des Nationalsozialismus so offen zu zeigen.
Foto: Archiv Martin Pollack



"Des is a Hetz und kost net viel" - unter dieser Überschrift publizierte Martin Pollack im Album der Tageszeitung Der Standard vom 2. März 2013 erstmals mehrere neu aufgetauchte Fotos von jüdischen Frauen und Männern bei einer erniedrigenden Tätigkeit, zu der sie in Wien und anderen österreichischen Städten von siegestrunkenen Nationalsozialist/innen im März 1938, kurz nach dem "Anschluss" ans Deutsche Reich, gezwungen wurden: Mit Bürsten und auf Knien mussten sie die Straßen säubern, unter anderem hatten sie die Parole ÖSTERREICH wegzuwaschen. Als lachendes Publikum zu sehen sind, wie Martin Pollack formuliert, "normale Bürger", "ordentlich gekleidet", auffallend viele Kinder, also "kein entfesselter Mob".
Die Fotos, von unbekannten Fotografen im zweiten Wiener Gemeindebezirk aufgenommen, werden nach dieser Erstpublikation im Standard-Album dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek übergeben.

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