"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Dienstag, 19. März 2013

FUNDSACHE NR. 13: "Schneid die Kramperl weg" Historische Kochrezepte für Fastenspeisen


Im Zuge von Ausstellungsrecherchen gefunden: Historische Kochrezepte für heute in Österreich nicht mehr verzehrte Tiere, die insbesondere in der Fastenküche eine wichtige Rolle spielten: 
Eingemachte Frösche.
Laß die Frösche eine Weil in Wasser liegen, putz das unreine Hautwerk herunter bey den Füßeln, schneid die Kramperl weg, hernach nimm sie heraus, bespreng sie mit Salz. Laß in einem Reindl einen Butter heiß werden, wirf die Frösche hinein, laß sie eine Weile rösten, thu dazu gehacktes grünes Petersilkräutel, und Gewürz, laß es also dünsten. Sie sind bald ausgekocht, richt es an, druck von einer Lemonie den Saft darüber, und gieb es zur Tafel."
Ignaz Gartler: Wienerisches bewährtes Kochbuch in 6 Absätzen. Wien 1787.

Biberpratzen zuzurichten.
Nachdem die sauber geputzten und abgewaschenen Pratzen übersotten worden sind, läßt man sie mit Butter, Wein, Essig, Wurzeln und Kräutern, Lorbeerblättern, Limonienschalen, Salz, Ingwer und Pfeffer anziehen, bis sie schön weich werden, und gibt sie dann mit Butter oder auch Limoniensaft und Semmelbröseln zur Tafel.
Anna Dorn: Neuestes Universal- oder Großes Wiener Kochbuch. Wien 1827.
Religiöse Speisebeschränkungen haben oft großen Einfluss auf die Essgewohnheiten der ihr untergebenen Bevölkerung. So waren die Fastengebote der katholischen Kirche über Jahrhunderte hinweg maßgeblich am Speisezettel beteiligt. Im Unterschied zu anderen Religionen kennt das Christentum zwar keine "unreinen" Speisen, die in der Vergangenheit zum Teil rigorosen Fastenvorschriften schränkten die erlaubten Speisen allerdings (für bis zu mehr als einem Drittel des Jahres) stark ein. 
Kein Wunder also, dass sich einerseits eine eigene Fastenküche herausbildete und andererseits nach allerlei Möglichkeiten gesucht wurde, diese Vorschriften zu umgehen. Rezepte für Fastenspeisen waren bis ins ausgehende 19. Jahrhundert ein fixer Bestandteil der Kochbuchliteratur. Aufgrund des Fleischverbotes fanden sich nicht nur zahlreiche Fischrezepte darunter, sondern auch solche zur Zubereitung weiterer Tierarten, die nicht unter das Abstinenzgebot fielen. Dazu zählten zum Beispiel Krebse, Muscheln, Seesterne, Schnecken, Frösche, Reiher, Schwäne, Schildkröten, Biber oder Otter.   

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