"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Freitag, 24. Mai 2013

ANSICHTSSACHE NR. 25: Dreck im Tiroler Volkskunstmuseum


Handtuchhalter aus Kolsass, 2. Hälfte 19. Jh.
(Foto: TLM)



Das Tiroler Volkskunstmuseum widmet sich in seiner neuesten Ausstellung dem Thema Dreck.
Kuratiert von Herlinde Menardi und Karl C. Berger zeigt sie "schmutzige" Objekte ebenso wie "saubere", es geht also um den Dreck genauso wie um dessen Beseitigung.

Die Ausstellung behandelt das universelle Alltagsthema Schmutz am Beispiel Tirol, die meisten der gezeigten Exponate stammen aus den Beständen des Tiroler Volkskunstmuseums. Im Pressetext heißt es: Das Thema der Ausstellung passt wohl zu keiner anderen Stadt besser als zu Innsbruck: der Stadtteil St. Nikolaus wird hierzulande 'Koatlacken' - also Kotlache - genannt, während in Hötting, einem weiteren Stadtteil, die 'Surtaucher' daheim sind (Sur = Gülle, Jauche). Weiters wird der Geistliche Beda Weber zitiert, der im 19. Jahrhundert den Tiroler/inne/n eine besondere Affinität zu Dreck und Schmutz nachsagte: Eben so widerlich ist der Schmutz und die Unreinlichkeit der Alpleute. Sie tragen den ganzen Sommer ein einziges Hemd, und setzen ihren Stolz darin, allen Mitgenossen den Vorrang des unflätigsten Hemdes abzugewinnen, namentlich bei der Heimfahrt, wo sie den ekelsten Schmutz als Beweis rüstiger Alpenthätigkeit selbstgefällig zur Schau tragen.
Nun, derartige Aussagen sind zu verschiedenen Regionen und Bevölkerungsgruppen überliefert, dienten und dienen solche Kategorisierungen entlang von Schmutz und Sauberkeit doch häufig zur sozialen Ein- und Ausgrenzung, zur Definition des Eigenen und des Fremden - so schlimm wird es also mit den Tiroler/inne/n wohl nicht gewesen sein... Zumal auch in Tirol die unterschiedlichsten Methoden zur Schmutzbekämpfung gebräuchlich waren, wie die Liste der Exponate zeigt: Flohfallen und Leibstühle sind in der Ausstellung ebenso zu besichtigen wie Waschmaschinen und Badezuber.

Die Ausstellung "Dreck" ist in das Projekt "Hygieia - Kulturgeschichte der Hygiene", eine Initiative der Südtiroler Museen, eingebunden (Infos dazu hier).

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