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Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit
dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie
„Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge
aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
Heute begab sich die Sendung in das Jahr 1979 und beschäftigte sich mit der Jute statt Plastik-Tasche (Interview mit mir). Dabei handelt es sich um einen 40 x 40 cm großen einfachen und handgefertigten Stoffbeutel aus grobem Jutegewebe, der im Rahmen einer entwicklungspolitischen und gesellschaftskritischen Aktion in der Schweiz geschaffen wurde. 1979 startete die Kampagne auch in Österreich. Es ging ihr um Solidarität mit den Armen in der "Dritten Welt" und um Kritik an der westlichen Wachstums-, Konsum- und Wegwerfgesellschaft, die einen sozial und ökologisch problematischen Lebensstil hervorgebracht hatte.
Aus Jute war die Tasche, weil sie eine ökologische Alternative zu den allgegenwärtigen Einkaufstaschen aus Kunststoff darstellte und weil damit die völlig verarmte Bevölkerung in Bangladesh unterstützt werden konnte. Bangladesh konnte auf eine reiche Tradition an Juteproduktion und -verarbeitung zurück blicken. Durch die Umstellung der Seefracht auf Container fielen allerdings die bis dahin üblichen Transportsäcke aus Jute weg. Weiters hatte Jute als Exportartikel an Bedeutung verloren, weil immer mehr Produkte aus Kunststoffen und Kunstfasern hergestellt wurden.
Wer in den späten 1970ern und frühen 1980ern politisch korrekt einkaufen wollte, verwendete dafür die Jutetasche. Sie wurde schnell zu einem in der Öffentlichkeit gut sichtbaren Symbol für die Alternativbewegung. Ihre Botschaft war: Ich schone die Umwelt und tue etwas für die Ärmsten. Später kamen auch andere Slogans als Aufdruck dazu, etwa "Atomkraft, nein danke!"
Die später vielfach als Stilsünde verspotteten Jutetaschen prägten in diesen Jahren nicht nur visuell das Stadtbild und die Orte alternativen Lebens. Sie waren, vor allem bei Regenwetter, auch mit der Nase wahrnehmbar, denn sie verströmten einen recht strengen Geruch. Zudem reizten sie empfindliche Hände und hinterließen Fasern auf der Kleidung. Kein Wunder also, dass sie später von Baumwolltaschen abgelöst wurden...
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