"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Montag, 29. April 2013

FOTOSACHE NR. 14: Kindersache, Männersache




© Archiv Susanne Breuss


Großer und kleiner Mann, selig vereint beim Spiel mit einer Miniatureisenbahn – eine geradezu „klassisch“ anmutende Vater-Sohn-Idylle (oder handelt es sich um Großvater und Enkel?), aufgenommen um 1960. Ein Foto, das nicht nur familiäres Glück vermittelt, sondern auch – vielleicht mit einem kleinen Schuss Ironie versehen? – zum Ausdruck bringt: Hier sind richtige Männer am Werk.
Dabei galt die Beschäftigung mit Miniatureisenbahnen lange Zeit überhaupt nicht als männlich. Bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein war es für einen erwachsenen Mann kaum möglich, sich zu solch einer Leidenschaft zu bekennen, ohne dadurch seine bürgerliche Reputation aufs Spiel zu setzen, als infantil oder senil abgestempelt zu werden. Miniatureisenbahnen galten damals ausschließlich als Kinderspielzeug – was einschlägig interessierte Erwachsene dazu nötigte, sich in Geheimbünden ähnelnde Clubs zu flüchten. Erst ab den zwanziger Jahren wurden öffentliche Modellbahnvereine gegründet und Ausstellungen durchgeführt, außerdem erlebte die Branche der Spielzeug- und Modelbahnhersteller einen starken Aufschwung. Als dann um 1935 mit Firmen wie Märklin das Zeitalter der Kleinspurbahnen zu populären Preisen begann, entwickelte sich die „Tischbahn“ zum ganzjährigen Spiel für Vater und Sohn.
Ihren Ursprung hat die Miniatureisenbahn freilich noch früher und sehr wohl im „männlichen“ Reich der Technik und Ingenieurskunst. Und zwar im Jahr 1797, im Wohnzimmer des Engländers Richard Trevithick, wo die von ihm erfundene Dampflokomotive zunächst als Modell auf einer kleinen Gleisbahn fuhr. 

Der vollständige Text erschien als:
Susanne Breuss: Lernhilfe in Sachen Technik (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 5./6. Mai 2012. S. 11. 

Mittwoch, 24. April 2013

ANSICHTSSACHE NR. 22: Hurra, die Eisenbahn ist da!


Modellbaubogen und Anleitung, „Eisenbahn- und Bahnhofbau“, Otto Mayser (Hersteller) und Paul Widmayer (Design), Stuttgart (Deutschland), 1910–1930, Druck auf Karton und Papier

Modellbaubogen und Anleitung, „Eisenbahn- und Bahnhofbau“,
Otto Mayser (Hersteller) und Paul Widmayer (Design)
Stuttgart (Deutschland), 1910–1930, Druck auf Karton und Papier
© Salzburg Museum
















Ausstellung

Hurra, die Eisenbahn ist da!
Spielzeug und Modelle aus drei Gene
rationen  

17. November 2012 – 17. November 2013 
Spielzeug Museum, Salzburg


Dienstag, 23. April 2013

DRUCKSACHE NR. 13: Plastikfreie Zone in einem steirischen Haushalt - ein Experiment


In einem kleinen Ort in der Nähe von Graz wird seit einigen Jahren etwas gelebt, das man unter den heute herrschenden Rahmenbedingungen kaum für möglich hält: Der Haushalt Krautwaschl-Rabensteiner präsentiert sich als eine weitgehend plastikfreie Zone.
Ausgelöst durch den Dokumentarfilm „Plastic Planet“ von Werner Boote, in dem die Besorgnis erregenden Auswirkungen der massenhaft produzierten Kunststoffe auf Umwelt und Gesundheit drastisch vor Augen geführt werden, startete die steirische Physiotherapeutin Sandra Krautwaschl gemeinsam mit ihrer Familie Ende 2009 ein Experiment: Für zunächst einen Monat lang wollte sie versuchen, ihr Alltagsleben von Kunststoffen möglichst frei zu halten.

Schon die ersten Überlegungen und Vorbereitungen machten klar: Leichter gesagt als getan. Das fing damit an, dass zunächst einmal wahre Berge an Gegenständen weggeräumt werden mussten und die teils recht aufwendige Suche nach Alternativen schnell die Frage aufwarf, wie viel Zeit in so ein Experiment überhaupt sinnvoll investiert werden kann. Außerdem stellte sich bald heraus, dass ein völliger Verzicht auf Kunststoffe nur unter unverhältnismäßigen Einschränkungen zu praktizieren wäre. Während manche Haushaltsgegenstände wie Kochlöffel oder Behälter noch problemlos gegen solche aus anderen Materialien ausgewechselt werden konnten, erschien es wenig sinnvoll, auf Geräte wie Kühlschrank und Computer zu verzichten oder keine Glaskonserven und Bierflaschen zu kaufen, weil die Innenseiten der Metallverschlüsse meist eine dünne Kunststoffbeschichtung aufweisen.

In ihrem Buch beschreibt Sandra Krautwaschl den ebenso mühsamen und hindernisreichen wie spannenden, lehrreichen und letztlich äußerst befriedigenden Weg einer „ganz normalen Familie“ hin zu einem bewussten Umgang mit einer Materialsorte, die zweifelsohne eine Reihe willkommener Eigenschaften besitzt, deren negative Seiten von der Durchschnittsbevölkerung jedoch kaum wahrgenommen oder gar problematisiert werden.
Das Buch versteht sich primär als Erfahrungsbericht und praktische Anleitung für einen möglichst kunststoffarmen Alltag. Erfolge und Probleme bei der Umstellung werden ebenso geschildert wie die Suche nach alternativen Produkten und Bezugsquellen oder die Reaktionen von Verwandten und Bekannten, Herstellern und Händlern.

Was das Buch darüber hinaus interessant macht, ist seine Eigenschaft als eindrucksvolles Dokument gegenwärtigen Alltagslebens: Indem die Autorin sehr genau, selbstkritisch und teilweise ironisch die Alltagspraxis ihrer Familie beschreibt und reflektiert, den Umgang mit Dingen, Konsumgewohnheiten und Bedürfnissen sowie die Veränderungsprozesse im Denken und Handeln während des (bis heute andauernden) Experiments sehr anschaulich nachvollziehbar macht, kann der Text auch als eine Art ethnografische Studie gelesen werden. Jedenfalls bietet das Buch wertvolles Quellenmaterial für eine Kulturgeschichte der Kunststoffe sowie der Lebens- und Konsumformen zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Sandra Krautwaschl: Plastikfreie Zone. Wie meine Familie es schafft, fast ohne Kunststoff zu leben. München 2012 (Wilhelm Heyne Verlag).



Montag, 22. April 2013

HÖRSACHE NR. 22: Tupperware



Tupperware-Dose
© Wien Museum


Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
Heute begab sich die Sendung in das Jahr 1966 und beschäftigte sich mit der in Österreich ein Jahr zuvor auf dem Markt eingeführten "Tupperware", die zu einem Symbol des Kunststoff-Zeitalters wurde (Interview mit mir). 

Dieses Gebrauchsgeschirr aus Kunststoff wurde in den 1940er Jahren von dem US-amerikanischen Chemiker Earl S. Tupper entwickelt (er war zunächst bei Du Pont tätig, also jener Firma, die die Kunstfaser Nylon entwickelt hatte). Er wollte mit den neuartigen Behältern aus Polyäthylen ein preisgünstiges Massenprodukt schaffen und dazu beitragen, das Alltagsleben rationeller, praktischer und angenehmer zu gestalten. Während heute Kunststoffe aus dem Alltagsleben kaum mehr wegzudenken sind, waren sie damals noch die Ausnahme. Beim Hausrat dominierten Materialien wie Glas, Porzellan, Metall oder Holz. Die neuen Kunststoffe galten als sehr modern und fortschrittlich, sie waren positiv konnotiert und standen für einen komfortablen neuen Lebensstil. Der französische Philosoph Roland Barthes wies in seinem 1957 erschienenen Werk "Mythen des Alltags" darauf hin, dass es sich beim Kunststoff um eine alchemistische Substanz handle, die alle anderen Substanzen zu ersetzen vermag, da sie sich in alles verwandeln lässt, und er betonte, dass deren Bedeutung gerade in ihrer Bereitschaft zur Alltäglichkeit liege.
Als der elektrische Kühlschrank in die Haushalte einzog, gab es einen großen Bedarf an dicht schließenden Vorratsbehältern in verschiedenen Größen, die Platz sparend gestapelt werden konnten. Der spezielle Patent-Verschluss der Tupperware wurde allerdings in den Haushaltswarengeschäften nicht ausreichend erläutert und so wurde das Produkt zunächst eher schlecht verkauft. Als wegweisende Lösung dieses Problems sollte sich die in den 1950er Jahren eingeführte "Tupperparty" erweisen, wobei die Firma selbst von "Heimvorführungen" durch Tupperwareberaterinnen spricht. Diese Form der Direktvermarktung setzte dort an, wo die Zielgruppe der (Haus-)Frauen damals dem herrschenden Leitbild gemäß anzutreffen bzw. abzuholen war: im privaten, häuslichen Bereich, im Kreis von Bekannten, Verwandten und Nachbarinnen, der zusammenkam, um sich über Haushaltsangelegenheiten auszutauschen. Angesichts der Isolation, in der sich gerade in den suburbanen Gegenden viele Frauen befanden, ist der Erfolg der "Tupperparty" eigentlich nur folgerichtig: Hier konnten sie auf eine den normativen Vorgaben entsprechende Weise die Haushaltspflichten, die Pflege bzw. Schaffung sozialer Beziehungen und das Bedürfnis nach Geselligkeit bestens miteinander verknüpfen.  
   

Website "Zum Greifen nah"
Zum Nachhören

Text:
Helene Mühlestein/Rebecca Niederhauser: Tupperware: Ordnung, Sauberkeit und Hygiene im Haushalt. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 103 (2007) 1. S. 21-59.
pdf

Freitag, 19. April 2013

FOTOSACHE NR. 12: Telefonieren als Attraktion


© Archiv Susanne Breuss


Eine Amateurfotografie aus dem frühen 20. Jahrhundert mit einem aus heutiger Sicht unspektakulär anmutenden Motiv: Eine Frau steht im Vorzimmer einer bürgerlichen Wohnung und telefoniert. Sie ist von hinten aufgenommen, der Blick des Fotografen ist auf die Wand neben der Eingangstür gerichtet. Dort befindet sich nicht nur das von der Frau benutzte Wandtelefon, sondern auch ein Zähler, vermutlich für Strom. An diesen Apparaten lässt sich ablesen, dass die Moderne in diese Wohnung bereits Einzug gehalten hat. Sie waren die deutlich sichtbaren Hinweise auf den technischen Fortschritt. Stromversorgung und Telephonie waren damals nicht nur neu, sondern auch teuer - und deswegen etwas Exklusives und Besonderes. Vielleicht wurde diese Szene deshalb festgehalten, denn sie war eben noch alles andere als alltäglich.

In Österreich hat das Fernsprechwesen im Jahr 1881 begonnen, als in Wien eine Konzession für die Errichtung von Telefonanlagen erteilt wurde und die erste Fernsprechvermittlungsstelle ihren Betrieb aufnahm. Im Jahr darauf stand in den Räumlichkeiten der Wiener Börse die erste öffentliche Sprechstelle zur Verfügung. Während in den Jahrzehnten um 1900 in Paris, Berlin, Rom oder Stockholm die Telefondichte schon recht beachtlich war, ging es in Wien nur langsam voran. Die zunächst ausschließlich privaten Telefonunternehmen kamen nicht allen Wünschen nach einem Anschluss nach, arbeiteten teuer und setzten zum Teil veraltete Technik ein. 1887 war das erste staatliche Telefonnetz betriebsbereit. Das Telefon wurde als öffentliches Kommunikationsmittel dem Telegraphen gleichgestellt und eng mit der Postverwaltung verknüpft. Bis 1895 konnten alle an private Telefongesellschaften erteilten Konzessionen zurückgekauft und die Netze verstaatlicht werden. Den Ausbau des Telefonnetzes behinderten jedoch noch zahlreiche Grund- und Hausbesitzer, die das Installieren von Leitungen verweigerten oder horrende finanzielle Entschädigungen dafür verlangten. Auch das komplizierte und wenig attraktive Gebührensystem sorgte für eine zögerliche Entwicklung. Um größeren Bevölkerungskreisen einen Telefonanschluss zu ermöglichen, wurden die Apparatetypen und die Gebühren vereinheitlicht und ein Gemeinschaftsanschlusssystem eingeführt. Einen wichtigen Schritt in Richtung Popularisierung der Telephonie bedeutete auch die schrittweise Automatisierung des Wählens, denn der handvermittelte Betrieb war umständlich und personalaufwändig. Das „Fräulein vom Amt“ gehörte in Österreich allerdings erst im Jahr 1972 endgültig der Vergangenheit an.

Dieser Text erschien erstmals als:
 
Susanne Breuss: Der Einzug des Telefons (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 26./27.2.2011. S. 11. 


Donnerstag, 18. April 2013

TERMINSACHE NR. 30: Das Geschlecht des Telefons


Veranstaltung:

Das Geschlecht des Telefons
Eine Veranstaltung in der Reihe "feminismen diskutieren" des Verbands feministischer Wissenschafterinnen in Kooperation mit dem Depot in Wien 
Zeit: Mittwoch, 24. April 2013, 19 Uhr
Ort: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien
Beatrix Beneder (Politikwissenschafterin und Kommunikationsberaterin) Moderation: Sabine Prokop (VfW)


Ankündigungstext:

Ob die "Quasselstrippe" der Festnetz-Ära oder der „Manager-Knochen“ zu Beginn des Handy-Zeitalters, telefonieren ist mit geschlechtsspezifischen Zu- und Einschreibung verdrahtet.
Diese körpernahen Kommunikationsgeräte geben beredt Auskunft über Identitätspolitiken zur (De)Konstruktion von Geschlecht und Subjekt. (Mobil)Telefone unterliegen symbolischen Zuschreibung der Vergeschlechtlichung wie Cyborgisierung, illustriert an ausgewählten Film- und Literaturbeispielen.
Viele empirische Studien sehen bereits in der Erhebung der Kategorie Geschlecht einen Indikator, um geschlechtsspezifisches Telefonverhalten zu interpretieren. Die Verbindung zwischen Arbeit und Artefakt beschließt im Vortrag die Frage nach den Geschlechterzuschreibungen: sei es das Fräulein vom Amt oder die Call Center Angestellte - Telefonberufe fordern und formen einen Sozialcharakter.


Mittwoch, 17. April 2013

TERMINSACHE NR. 29: Das Büro als Interieur (CFP)


Tagung:  

Das Büro als Interieur (1880-1960)
Veranstalter: Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich; Schweizerisches Bundesarchiv
Datum, Ort: 17.10.2013-18.10.2013, Bern (CH)
Deadline: 31.05.2013



Aus dem Ankündigungstext:

Die Tagung beschäftigt sich mit der Entstehung des Büros, um die Wechselbeziehungen zwischen physischem und sozialem Raum, Materialität und Praktiken, Strategien und Taktiken, Strukturen und Individuen zu analysieren. Ebenso soll das Büro in eine historische Perspektive gerückt werden, soll das Augenmerk auf die Bedeutung des Büros für die Strukturierung und Transformation der soziokulturellen Gegebenheiten von der vorletzten Jahrhundertwende bis Ende der 1950er Jahre gerichtet werden.
Ziel der Tagung ist es, sich mit jenen Figuren, Objekten, Praktiken, Organisationsformen und Wissensformaten zu beschäftigen, die das Büro als Raum hervorgebracht haben und auszeichnen, sowie das Zusammenspiel der vielschichtigen Faktoren zu analysieren, welche die Einrichtung von Büros gestalten: die materiellen Anordnungen (Lichtgestaltung, Wärmeregulierung, Luftqualität, Anordnung von Möbeln und Maschinen, Waren- und Menschenverkehr etc.) ebenso wie die immateriellen Dispositive (Arbeitsorganisation, Etablierung von Hierarchien, Herstellung von Intimität, Vorschriften etc.).
Die Tagung richtet sich an Forscher/innen verschiedener Disziplinen, von der Kunstgeschichte über die Geschichte der (Innen-)Architektur, Literaturwissenschaft zur Geschichte der Arbeit und der Technikgeschichte.



Quelle und nähere Informationen: hsozkult

Dienstag, 16. April 2013

FOTOSACHE NR. 11: Lego spielen im Krankenbett



© Archiv Susanne Breuss


Passend zum neuesten Beitrag der Radioserie "Zum Greifen nah" über den Lego-Baukasten (siehe Hörsache Nr. 21) ein alter Beitrag von mir zum Thema (in einer etwas kürzeren Version erschienen zum 50-Jahr-Jubiläum von Lego 2008 in der Fotoglosse der Wiener Zeitung):

„Helmut ist krank“ lautet die rückseitige Beschriftung dieses im Oktober 1971 aufgenommenen Fotos. Der kleine Patient hängt sichtlich erschöpft und etwas fiebrig in seinen Kissen. Auf der Bettdecke liegen in Griffweite ein Teddybär, eine Cowboy-Pistole und ein Tablett mit Legosteinen. Also für alle Eventualitäten etwas: den Teddy zum Kuscheln, die Pistole für das Abenteuer und die Legosteine – ja, für was eigentlich? Legosteine sind für so vieles zu gebrauchen, sie bergen so unendlich viele Möglichkeiten, dass sie manchen als das genialste Spielzeug der Welt, ja sogar als Philosophie gelten. Die Grundidee lautet: dem Kind nicht etwas „Fertiges“ bieten, sondern ein Grundmaterial zur Schaffung eines eigenen Universums.

Vor 50 Jahren wurden die Legosteine in ihrer heutigen Form patentiert. Von einem kleinen Dorf in Dänemark aus eroberten die bunten Kunststoffsteine mit ihrem bestechend einfachen Kupplungsprinzip die Welt. Als Anfang der sechziger Jahre auch noch das Zahnrad hinzukam, wurde aus den simplen Klötzchen ein technisches Spielzeug mit einem unerschöpflichen Kreativitätspotential. Im Lauf der Jahre kamen immer mehr und immer neue Elemente dazu. Ende der sechziger Jahre zum Beispiel die LEGO Eisenbahn, Mitte der siebziger Jahre die LEGO Figuren.

Nicht nur wirtschaftlich entwickelte sich LEGO zu einem riesigen Erfolg. Das Spielzeug erlangte eine so außerordentliche Popularität, dass es nicht übertrieben erscheint, von der Generation LEGO zu sprechen. Mit LEGO wurde sogar gelernt. Im selben Jahr, in dem unsere Fotografie entstand, erschien ein an Kindergärtnerinnen, Lehrer und Eltern gerichtetes Buch mit dem Titel „Denken mit Lego“. Es enthielt vergnügliche Denkspiele für Logik und Mengenlehre, bei denen Legosteine als Material dienten.

Der kranke Helmut war 1971 noch zu klein, um mit seinen Legosteinen Mengenlehre zu üben. Was er aber sehr wohl schon beherrschte, waren die dominierenden geschlechtsspezifischen Umgangsformen mit den Klötzchen. Zwar lautete die Vorgabe des Herstellers, „gleichberechtigtes“ Spielzeug für Buben und Mädchen zu bieten, doch bis heute sind LEGO Kästen ein überwiegend „männliches“ Spielzeug geblieben. Wenn Mädchen mit Legosteinen spielen, dann machen sie dies laut Untersuchungen meist anders als Buben. Sie bauen eher Wohnhäuser und Möbel, flache und offene Gebäude. Buben interessieren sich mehr für hohe, massive und große Bauten aus möglichst vielen Steinen. Wie der hier abgebildete Helmut lieben sie hohe Türme und begeistern sich dafür, diese zum Einstürzen zu bringen. Action, Herausforderung und Experimentierfreudigkeit als männlich codierte Eigenschaften prägen ihr Spiel, so wie umgekehrt weiblich codierte Verhaltensweisen das stark sozial orientierte Spiel von Mädchen bestimmen.



Susanne Breuss: "Männliches" Spielzeug (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 29.11.2008. S. 2. 

Montag, 15. April 2013

HÖRSACHE NR. 21: Lego-Baukasten


Lego-Baukasten

© Technisches Museum Wien


Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.

Heute begab sich die Sendung in das Jahr 1965 und beschäftigte sich mit dem Baukasten der dänischen Firma Lego (Interview mit Christian Stadelmann) - ein Spielzeug, das in einem sehr guten pädagogischen Ruf stand und damals wohl kaum einem Kind dieser geburtenstarken Jahrgänge unbekannt war.  

Website "Zum Greifen nah"
Zum Nachhören 

Sonntag, 14. April 2013

ANSICHTSSACHE NR. 21: Kästchen und Truhen


Kästchen, Eisen geschmiedet, bemalt, 1519
Foto: UMJ/Delic


Im Grazer Museum im Palais ist noch bis 21. April 2013 die von Eva Marko kuratierte Ausstellung "Verschließen und bewahren. Kästchen und Truhen aus der Kulturhistorischen Sammlung" zu sehen. 


Ankündigungstext:


In Kästchen und Truhen bewahrte man ursprünglich vor allem wertvolle Dokumente und Urkunden, Wohlhabende verwahrten darin ihre Schätze. Schlösser, die nur Eingeweihte öffnen konnten, sowie Geheimfächer, die nur der Besitzer kannte, wahrten deren Rechte.
Im Laufe der Zeit dienten Kästchen als Behältnisse für Schmuck, Münzen und andere persönlich wertvolle Erinnerungsstücke, wie z. B. Liebesbriefe. Über Verwendung und Besitz(er) gibt das Dekor interessante Hinweise: Darstellungen von Hunden symbolisieren die Treue, das Einhorn steht für Liebe und Treue, der Löwe u. a. für Macht. Jagddarstellungen signalisieren einen ranghohen Besitzer, Heiligenfiguren stehen für den Namenspatron, die Schutzmantelmadonna breitet ihren Mantel über die sozial schwachen Mitglieder einer Zunft, und Wappen geben Auskunft über aristokratische Eigentümer.
Schwere Eisentruhen – wie z. B. jene des „Einnehmeramts“ aus dem steiermärkischen Landhaus, des heutigen Finanzamts, mit einem Gewicht von 290 kg und 28 Fallschlössern – entsprachen den damaligen Sicherheitsvorkehrungen gegen Diebstahl, vergleichbar mit hochtechnischen Mechanismen von heute.


Freitag, 12. April 2013

TERMINSACHE NR. 28: Stoff wechseln? Ein geschlechterkritischer Blick auf Material und Medium (CFP)


Die Abteilung für Genderangelegenheiten der Universität für angewandte Kunst Wien ersucht für die Vortragsreihe "Kunst - Forschung - Geschlecht" (Studienjahr 2013/14) um Einreichungen zum Thema "Stoff wechseln? Ein geschlechterkritischer Blick auf Material und Medium". Eingeladen sind WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen aller Disziplinen. Deadline: 2. Juni 2013.

Call for Papers

Donnerstag, 11. April 2013

DRUCKSACHE NR. 12: Der Kunststoff, aus dem die Träume sind - Artikel zur Geschichte der Nylonstrümpfe



 

Noch einmal Nylonstrümpfe (siehe auch Hörsache Nr. 13): Vor kurzem hat mich Dalia Ahmed für das Vice Magazine zu historischen Aspekten des Themas interviewt - hier ist nun die Online-Version ihres Beitrags mit dem Titel "Der Kunststoff, aus dem die Träume sind" (in: Vice, The Fashion Issue, April 2013).


Mittwoch, 10. April 2013

FUNDSACHE NR. 18: Kühlschrankträume werden wahr


Bedienungsanleitung für Bosch-Kühlschränke, 1957 (Archiv Susanne Breuss)


Eine farbenfrohe Bedienungsanleitung für Bosch-Kühlschränke aus den 1950er Jahren:
Schon lange haben Sie von ihm geträumt. Nun steht er vor Ihnen: blitzblank und stets für Sie bereit. Über Nacht sind Sie durch ihn plötzlich vieler Sorgen enthoben.
Allerdings musste die Hausfrau erst lernen, wie sie mit Hilfe des Kühlschranks ihre Sorgen los wird, daher war umfassende Aufklärung und Hilfestellung notwendig. Die Bedienungsanleitungen waren damals nicht nur deshalb recht umfangreich, weil die Funktions- und Gebrauchsweise der noch ungewohnten Geräte detailliert erläutert werden musste. Auch zahlreiche Rezepte waren in der Regel beigegeben, da es vielen an konkreten Vorstellungen darüber fehlte, welche Vielfalt an neuen kulinarischen Genüssen nun ohne besonderen Aufwand realisierbar war. Hier eine Kostprobe:  
Bananenlimonade
Für jede Person 1 Banane klein schneiden, Läuterzucker und Orangensaft darübergeben, in einem bedeckten Gefäß 1/2 Stunde ziehen lassen. Diesen Ansatz in Limonadegläser verteilen, mit Sodawasser auffüllen und mit einigen Eiswürfeln, Trinkhalm und Limonadelöffel servieren.

Dienstag, 9. April 2013

HÖRSACHE NR. 20: Kühlschrank


Kühlschrank

© Wien Museum


Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von "Leporello" die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie „Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
Am 8. April 2013 begab sich die Sendung in das Jahr 1964 und beschäftigte sich mit dem Kühlschrank (Interview mit mir).

1964 näherte sich die Zahl der Kühlschränke in den österreichischen Haushalten allmählich der Millionengrenze. Der Kühlschrank begann sich zu einem Alltagsgegenstand zu entwickeln, während er in den 1950er Jahren für die meisten noch ein Luxusgut war (1951 verfügten lediglich etwa 21.000 Haushalte über dieses Gerät). Insofern ist dieses eher unscheinbar wirkende Kühlgerät der Firma Bosch ein typisches Kind der Zeit: Noch kein Einbaugerät im heutigen Sinn, aber doch schon auf das Einpassen in eine durchgehende Küchenfront hin konzipiert. Wenige Jahre zuvor dominierte noch der Kühlschrank als Einzelgerät, und zwar mit allen Design-Attributen des Stars ausgestattet, der es nicht notwendig hatte, sich unauffällig und bescheiden den restlichen Küchenmöbeln anzupassen oder gar unterzuordnen, zumal ihn die Reklame als den "wichtigsten Schrank im Haus" bezeichnete. Groß, wuchtig, mit einer Front, die wie eine stolz gewölbte Brust wirkte, stromlinienförmig und mit chromblitzenden Griffen und Beschlägen ausgestattet - nicht zufällg erinnerte diese Ästhetik an das zweite Statussymbol der "Wirtschaftswunderzeit", das eigene Auto. Sobald der Kühlschrank aber zu einem normalen und selbstverständlichen Küchengerät wurde, zog er sich immer mehr in das Ensemble der Küchenmöbel und bald schon hinter die Einbauküchenfronten zurück, und wurde dadurch mehr oder weniger unsichtbar.


Der Kühlschrank revolutionierte nicht nur die Art der häuslichen Vorratshaltung, er bewirkte auch veränderte Einkaufsgewohnheiten und neue Formen der Esskultur. Leicht verderbliche Lebensmittel wie Milchprodukte oder frisches Fleisch mussten nun nicht mehr täglich in kleinen Mengen besorgt, sondern konnten in den eigenen vier Wänden vorrätig gehalten werden. Zahlreiche Lebens- und Genussmittel wie Joghurt, Kalte Platten oder Erfrischungsgetränke hielten Einzug in den täglichen Speiseplan. Frisches und Kühles kam ab den 1950er Jahren stark in Mode und stand für einen angenehmen und modernen Lebensstil. Dies bedeutete auch einen deutlichen Kontrast zu den unmittelbaren Nachkriegsjahren, als die karge Ernährung von Hülsenfrüchten, Trockengemüse, Milchpulver und Lebensmittelkonserven geprägt war. Demgegenüber wirkte ein gefüllter Kühlschrank wie ein modernes Schlaraffenland. Allerdings war dieses nicht in den Wunschträumen angesiedelt, sondern buchstäblich zum Greifen nah: Der Kühlschrank als Massenkonsumgut versprach kulinarische Genüsse für jeden Tag und Teilhabe an der Konsum- und Wohlstandsgesellschaft.  


Website "Zum Greifen nah"
Zum Nachhören


Mehr zum Kühlschrank und Kühlen in den Nachkriegsjahrzehnten:

Susanne Breuss: Eiskaltes Schlaraffenland. Kühltechnik, Ernährung und Konsum in der „Wirtschaftswunder“-Zeit. In: Dies. (Hg.): Die Sinalco-Epoche. Essen, Trinken, Konsumieren nach 1945 (= Ausstellungskatalog Wien Museum). Wien 2005. S. 96-108.

Susanne Breuss: Eiskalt genießen. Der Kühlschrank als Konsumikone der „Wirtschaftswunder“-Zeit. In: Forum Ware 35 (2007), Nr. 1-4. S. 10-13. 
pdf 


Montag, 8. April 2013

DRUCKSACHE NR. 11: 95 Wiener Würstelstände




Einmal wärmende Dinge geht noch, dann erübrigt sich hoffentlich vorläufig eine Fortsetzung dieser Mini-Serie aufgrund gestiegener Temperaturen: "Haße", also Heiße, wie in Wien die Burenwürste ("Burenhäutel"/"Burenheitl") genannt werden, zählen zum Standardrepertoire einer für diese Stadt wichtigen Institution, dem Würstelstand. Einem gängigen Wien-Klischee entsprechend wärmen sie nicht nur den Leib, sondern auch die Seele, so wie überhaupt der Besuch eines Würstelstandes für viele gleichzusetzen ist mit dem Eintritt in ein wärmendes Soziotop, in dem für einige Momente die Kälte der Konkurrenzgesellschaft außer Kraft gesetzt scheint.
Der Fotograf Stefan Oláh hat 95 Wiener Würstelstände in einem im Verlag Anton Pustet soeben erschienenen Bildband versammelt. Herausgegeben wurde das Buch vom Kunsthistoriker Sebastian Hackenschmidt, der auch einen Text zur Geschichte der Wurst beigesteuert hat. Außerdem enthalten: Beiträge von Daniel Spoerri, Tex Rubinowitz und Leonhard Weidinger.    

Hackenschmidts Beitrag ist übrigens mit einigen historischen Grafiken illustriert, die aus den Sammlungen des Wien Museums stammen - sie werden demnächst auch in der Ausstellung "Wiener Typen" zu sehen sein, in der u. a. die "Bratelbrater" (Stände, die billige Fleischspeisen und warme Würste anboten, und als Vorläufer der Würstelstände gesehen werden können) und die "Salamini" bzw. "Salamutschi" (ambulante Händler mit "wälschen Würsten" im Angebot) thematisiert werden.


Sonntag, 7. April 2013

ANSICHTSSACHE NR. 20: Wärmende Dinge und Farben im Brennpunkt°, dem Museum der Heizkultur Wien





Bei Kälte ein idealer Aufenthaltsort: das laut Eigendarstellung "heißeste Museum Wiens", das Museum der Heizkultur Brennpunkt° - ein Ort, an dem zahlreiche wärmende Dinge wie Öfen und Herde versammelt sind, noch dazu sind einige der Ausstellungsräume farblich in warmen Orange- und Rottönen gehalten.
Die aktuelle Sonderausstellung "Als der Ofen kalt blieb" beschäftigt sich allerdings mit der Nachkriegszeit, als mangels Brennstoff viele frieren und auf ein warmes Essen verzichten mussten.


Samstag, 6. April 2013

ANSICHTSSACHE NR. 19: Heizlüfter "Astron"

© Museum der Dinge

Noch immer ist es winterlich kalt statt frühlingshaft mild, daher ein weiteres wärmendes Ding: Ein Heizlüfter, entworfen im Jahr 1953 von Christian Bachern und im Jahr darauf in die Auswahl formschöner Erzeugnisse auf der Deutschen Industrie-Messe in Hannover aufgenommen. Dieses Gerät, das auch als Ventilator und Trockner verwendet werden kann, ist ab 8. April 2013 in der Ausstellung "3 x Sammeln" im Berliner Museum der Dinge zu sehen. Außerdem ist es das Ding des Monats April.
  

Freitag, 5. April 2013

TERMINSACHE NR. 27: Migration und Ernährung




Tagung: 

Kulinarische "Heimat" und "Fremde". Migration und Ernährung im 19. und 20. Jahrhundert 

Internationale Tagung des Instituts für Geschichte des ländlichen Raumes (IGLR) in Verbindung mit dem NÖ Landesarchiv (NÖLA) und dem Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück 


Konzeption: Lars Amenda, Ernst Langthaler
 

24. - 25. Mai 2013
St. Pölten, NÖ Landhaus, Ostarrichisaal 



Ankündigungstext:

Migration und Ernährung zählen nicht zu den traditionsreichsten Themen der Geschichtswissenschaft; sie wurden erst in letzter Zeit im Zuge sozial- und kulturwissenschaftlicher Blickerweiterungen als relevante Forschungsfelder erschlossen. Die Migrationsgeschichte hat die Ernährung als ein wichtiges Interaktionsfeld zwischen MigrantInnen und Aufnahmegesellschaft ausgemacht. Die Ernährungsgeschichte hat an zahlreichen Fallbeispielen gezeigt, wie menschliche Nahrungsweisen und die ihnen zugeschriebenen Bedeutungen direkt mit Migrationen zusammenhängen. Kurz, Ernährung und Migration sind eng verflochtene Phänomene.

Migrationshistorische Perspektive: Essen bildete im Migrationsprozess eine Form von cultural baggage, die eine identitäts- und differenzstiftende Wirkung entfalten konnte. Ernährung führte den MigrantInnen nicht nur lebensnotwendige Nährstoffe zu, sondern diente auch als Zeichen des Eigenen und Fremden – gemäß dem Diktum We Are What We Eat (Donna C. Gabaccia). Im (nicht selten spielerischen) Umgang mit Essen als bedeutungstragendem Symbol verorteten sich verschiedene Generationen von MigrantInnen in einer kulinarischen „Heimat“, die wie alle kulturellen Phänomene zumeist sehr fluide war.

Ernährungshistorische Perspektive: Die europäischen Ernährungskulturen nicht nur der Eliten, sondern auch der Bevölkerung insgesamt stehen seit dem 19. Jahrhundert vermehrt in großräumigen, internationalen bis globalen Austauschbeziehungen. Vor allem die westlichen Wohlstandsgesellschaften orientierten sich seit den 1950er Jahren an der „Verfeinerung“ des Essens (Michael Wildt); da eine zunehmende Zahl von Menschen im Urlaub ins Ausland fuhr, galt „internationale“ Küche vor allem in den Großstädten als modisch. Italienische, chinesische und andere GastronomInnen profitierten von diesem Hunger nach Internationalität im Besonderen, Distinktion im Allgemeinen – und passten die Gerichte ihrer Herkunftsländer dem Geschmack der europäischen Kundschaft an.

Die Tagung Kulinarische "Heimat" und "Fremde“ widmet sich den historischen Wechselbeziehungen zwischen Migration und Ernährung. Sie sucht die Perspektiven von MigrantInnen und „Einheimischen“ dabei gleichermaßen einzubeziehen.



Nähere Informationen und Programm

Donnerstag, 4. April 2013

FUNDSACHE NR. 17: Suchmaschinen für die Hausfrau




Suchmaschinen speziell für die Hausfrau: Kartei, Ordner, Register und Sammelmappen zur systematischen Aufbewahrung der für die Hausarbeit notwendigen Unterlagen, Adressen, Rezepte etc. - hier zu sehen in einer Zusammenstellung für das "häusliche Büro" aus den 1920er Jahren. Im Kontext der damaligen Rationalisierungsbewegung wurden die Maßnahmen zur Arbeitserleichterung und Effizienzsteigerung auch auf die Hausarbeit übertragen. Langwieriges und unnötiges Suchen ist Zeit- und Energieverschwendung lautete eine der Devisen und so wurden praktische Hilfsmittel wie Karteien nun auch in der Version für die Hausfrau angeboten.    

Mehr zur Rationalisierung der Hausarbeit gibt es hier:  
Susanne Breuss: Häusliche Zeitordnungen. Hausarbeit und Zeitdisziplinierung im 19. und 20. Jahrhundert. In: Erhard Chvojka/Andreas Schwarcz/Klaus Thien (Hg.): Zeit und Geschichte. Kulturgeschichtliche Perspektiven (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 36). München/Wien 2002. S. 211-226. 

Mittwoch, 3. April 2013

TERMINSACHE NR. 26: Suchmaschinen vor Google


Vor Google, Thomas Brandstetter, Thomas Hübel, Anton Tantner


Buchpräsentation und Podiumsdiskussion:

Vor Google. Eine Mediengeschichte der Suchmaschine im analogen Zeitalter

9. April 2013, 19.00 Uhr
Lesesaal der Wienbibliothek im Rathaus
Eingang Lichtenfelsgasse 2
Stiege 6 (Lift), 1. Stock, 1010 Wien

Thomas Brandstetter, Thomas Hübel, Anton Tantner (Hg.): Vor Google. Eine Mediengeschichte der Suchmaschine im analogen Zeitalter, Bielefeld: transcript 2012
Mit einer Einleitung der Herausgeber und Beiträgen von Stefan Rieger, Daniel Weidner, Alix Cooper, Volker Bauer, Andreas Golob, Markus Krajewski, Henning Trüper, Martin Schreiber und Bernhard Rieder.

Ankündigungstext:

Ein Alltag ohne digitale Suchmaschinen ist heute nur noch schwer vorstellbar. Dabei lassen sich zahlreiche Einrichtungen, Personen und Techniken ausmachen, die lange vor Google und Co ähnliche Funktionen übernommen haben – Staatshandbücher und Diener etwa, aber auch Bibliothekskataloge, Fragebögen oder Zeitungskomptoire.
Welche strukturellen Ähnlichkeiten gibt es zwischen diesen früheren und den heutigen Suchmaschinen? Welche Utopien knüpften sich an die Suchmaschinen des analogen Zeitalters? Welche Formen von Kontrolle ermöglichten sie? Das vorgestellte Buch widmet sich diesen und weiteren Fragen und liefert damit nicht nur neue Erkenntnisse über die Medien der Vergangenheit, sondern vertieft auch die Analysen der gegenwärtigen medialen Lage.


Begrüßung
Sylvia Mattl-Wurm
Thomas Hübel
Vorstellung des Buchs sowie Präsentation von »Alt-Wiener Suchmaschinen«
Anton Tantner
Podiumsdiskussion
Aus der Perspektive ihrer aktuellen Forschungen nehmen Jana Herwig, Astrid Mager und Stefan Zahlmann zu dem Sammelband Stellung.
Moderation
Alfred Pfoser
Büchertisch Literaturbuffet Lhotzky

Teilnehmende: Jana Herwig: Medienwissenschafterin, Bloggerin und Internetexpertin, Institut für Theater-, Film und Medien-wissenschaften der Universität Wien. Thomas Hübel: Generalsekretär des Instituts für Wissenschaft und Kunst (IWK). Sylvia Mattl-Wurm: Leiterin der Wienbibliothek im Rathaus. Astrid Mager: Soziologin, Bloggerin und Suchmaschinenforscherin, Institut für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Alfred Pfoser: stv. Leiter der Wienbibliothek im Rathaus. Anton Tantner: Historiker, Institut für Geschichte, Universität Wien. Stefan Zahlmann: Historiker, Professor für Geschichte und Theorie von Medienkulturen am Institut für Geschichte der Universität Wien.

Die Veranstaltung wird von der Wienbibliothek im Rathaus gemeinsam mit dem Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK) organisiert. Nähere Informationen: http://www.univie.ac.at/iwk/


Dienstag, 2. April 2013

ANSICHTSSACHE NR. 18: Knöpfe, Kaffeeautomaten und Sprüchebilder im Museum der Dinge



© Museum der Dinge


Sammlungen entstehen aus ganz unterschiedlichen Gründen und Motiven heraus. Das Berliner Museum der Dinge/Werkbundarchiv widmet sich ab 8. April 2013 in seiner neuesten Ausstellung der Reihe "Sammlungen zeigen" drei verschiedenen Sammlungen: Der ästhetisch motivierten Sammlung von Alltagsdingen der Pädagogin Lene Reckenfelder, der es um die Poesie des Alltags ging (zu sehen sind: Blechspielzeug, Handspiegel, Glasgefäße, Schreibutensilien, Knöpfe etc.); der designhistorisch motivierten Objektsammlung des Malers und Gestaltungslehrers Werner Schriefer, der eine Lehrsammlung zum vergleichenden Sehen anlegte (zu sehen sind: Schreibmaschinen, Kaffeeautomaten, Leuchtkörper, Ventilatoren etc.) und der kulturhistorisch motivierten Sammlung des Kulturpädagogen und Kulturhistorikers Diethart Kerbs, dem Mitbegründer des Werkbundarchivs (zu sehen sind: Dokumente zur Lebensreformbewegung und zum Wohnen, Sammelalben und Sprüchebilder wie das oben abgebildete).   

Museum der Dinge: 3 x sammeln

Montag, 1. April 2013