© Wien Museum
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Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit
dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie
„Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge
aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
Heute begab sich die Sendung in das Jahr 1966 und
beschäftigte sich mit der in Österreich ein Jahr zuvor auf dem Markt eingeführten "Tupperware", die zu einem Symbol des Kunststoff-Zeitalters wurde (Interview mit mir).
Dieses Gebrauchsgeschirr aus Kunststoff wurde in den 1940er Jahren von dem US-amerikanischen Chemiker Earl S. Tupper entwickelt (er war zunächst bei Du Pont tätig, also jener Firma, die die Kunstfaser Nylon entwickelt hatte). Er wollte mit den neuartigen Behältern aus Polyäthylen ein preisgünstiges Massenprodukt schaffen und dazu beitragen, das Alltagsleben rationeller, praktischer und angenehmer zu gestalten. Während heute Kunststoffe aus dem Alltagsleben kaum mehr wegzudenken sind, waren sie damals noch die Ausnahme. Beim Hausrat dominierten Materialien wie Glas, Porzellan, Metall oder Holz. Die neuen Kunststoffe galten als sehr modern und fortschrittlich, sie waren positiv konnotiert und standen für einen komfortablen neuen Lebensstil. Der französische Philosoph Roland Barthes wies in seinem 1957 erschienenen Werk "Mythen des Alltags" darauf hin, dass es sich beim Kunststoff um eine alchemistische Substanz handle, die alle anderen Substanzen zu ersetzen vermag, da sie sich in alles verwandeln lässt, und er betonte, dass deren Bedeutung gerade in ihrer Bereitschaft zur Alltäglichkeit liege.
Als der elektrische Kühlschrank in die Haushalte einzog, gab es einen großen Bedarf an dicht schließenden Vorratsbehältern in verschiedenen Größen, die Platz sparend gestapelt werden konnten. Der spezielle Patent-Verschluss der Tupperware wurde allerdings in den Haushaltswarengeschäften nicht ausreichend erläutert und so wurde das Produkt zunächst eher schlecht verkauft. Als wegweisende Lösung dieses Problems sollte sich die in den 1950er Jahren eingeführte "Tupperparty" erweisen, wobei die Firma selbst von "Heimvorführungen" durch Tupperwareberaterinnen spricht. Diese Form der Direktvermarktung setzte dort an, wo die Zielgruppe der (Haus-)Frauen damals dem herrschenden Leitbild gemäß anzutreffen bzw. abzuholen war: im privaten, häuslichen Bereich, im Kreis von Bekannten, Verwandten und Nachbarinnen, der zusammenkam, um sich über Haushaltsangelegenheiten auszutauschen. Angesichts der Isolation, in der sich gerade in den suburbanen Gegenden viele Frauen befanden, ist der Erfolg der "Tupperparty" eigentlich nur folgerichtig: Hier konnten sie auf eine den normativen Vorgaben entsprechende Weise die Haushaltspflichten, die Pflege bzw. Schaffung sozialer Beziehungen und das Bedürfnis nach Geselligkeit bestens miteinander verknüpfen.
Website "Zum Greifen nah"
Zum Nachhören
Text:
Helene Mühlestein/Rebecca Niederhauser: Tupperware: Ordnung, Sauberkeit und Hygiene im Haushalt. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 103 (2007) 1. S. 21-59.
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