"Wir wurzeln alle im Alltage.
Seine Gewohnheiten machen für die
meisten schlechthin das Leben aus.
In diesem Alltag, den bloss der unbesonnene
Élegant des Geistes bespöttelt, liegt etwas
sehr Grosses ... liegt unsere Cultur."
Michael Haberlandt: Cultur im Alltag. Wien 1900.



Samstag, 10. November 2012

ANSICHTSSACHE NR. 3: Trude Lukacsek fotografiert Park-Equipment


 © Trude Lukacsek


© Trude Lukacsek



Trude Lukacsek ist eine Wiener Fotografin mit einem sehr genauen Blick für die Dinge des Alltags, die ihr auf ihren Reisen und Stadtwanderungen begegnen – mit einer besonderen Vorliebe für vergessene, entschwindende, versteckte oder auf den ersten Blick eher unscheinbare Phänomene gegenwärtigen und historischen Alltagslebens. Mit ihrer Kamera porträtiert sie zum Beispiel Geschäftsschilder, Warenarrangements und Schaufensterfiguren in Auslagen, Strandhäuschen oder die Ausstattung von Vergnügungsparks. Es geht ihr dabei auch um das Eigenleben der Dinge, um deren Formen, Farben und Texturen, um die Spuren, die der Lauf der Zeit an ihnen hinterlässt, zum Beispiel durch Abnützung oder Verwitterung.

Im Rahmen von EYES ON – Monat der Fotografie Wien 2012 zeigt sie in ihrer Ausstellung „PARKS – Exterior Equipment“ (Hofmobiliendepot – Möbelmuseum Wien, bis 2.12.2012) eine Auswahl ihrer Fotografien von Park-Möblierungen. 

Für diesen Blog beschreibt Trude Lukacsek ihr Interesse an den Park-Objekten:
„In der Ausstellung PARKS – Exterior Equipment zeige ich Fotografien von Mobiliar in Parks. Auf meinen Reisen in Europa oder meinen Spaziergängen durch Wien interessieren mich immer wieder diese Flächen, in der Mitte oder am Rande der Stadt, manchmal riesige Parklandschaften, dann wieder kleine Zwischenräume in bebauten Gebieten. Manchmal minutiös geplant, dann wieder wie zufällig entstanden, aber doch gestaltet. Da gibt es dann dieses große oder kleine Stück Natur und darauf das eine und andere Objekt. 
Ich fotografiere diese Dinge ohne die Menschen, die sie nützen, und manchmal scheint es mir, als würden diese Objekte, so allein gelassen auf weiter Flur, ein Eigenleben entfalten. Plötzlich sind es nur mehr Kugeln, Würfel, Kreise, Linien, die manchmal etwas Rätselhaftes an sich haben. Geformte Dinge, die wie Landmarks den Raum strukturieren. So wie diese Klettergerüste in einer Parklandschaft am Ufer des tschechischen Thaya-Stausees bei Vranov. Mobiliar auf der Wiese, das auf seine Nutzer, die Kinder, wartet. 
Die blaue Bank steht im Sorrento Park in Dalkey, einem Vorort von Dublin/ Irland. Der Sorrento Park ist ein sehr kleiner Park an einem Abhang zum Meer. Die Bank ist in blau-métallisé gestrichen und hat eine für eine Parkbank sehr ausgefallene Form. Sie wirkt fast wie ein gezackter Pfeil, der zum Meer weist. Sie bietet die Möglichkeit, von verschiedenen Positionen aus, das Meer und die Umgebung zu betrachten. Allein, zu zweit, zu dritt, zu viert. Was mich an dieser Bank interessiert, ist ihre unbekannte Geschichte und ihr unbekannter Gestalter. Es hat sich jemand diese besondere Form ausgedacht und an dieser unspektakulären und gleichzeitig spektakulären Stelle angebracht. Vom Design her würde ich sie in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts situieren. Und offenbar gibt es auch heute jemanden, der sich um den Erhalt der Bank kümmert. Als ich sie fotografierte, war sie vor kurzem frisch gestrichen worden. Es waren noch Spuren von Lack am Boden zu sehen. Die blaue Bank stand schon vor langem und steht noch heute bereit für jene, die rastend den Blick zum Meer genießen wollen.“ 

Links:

Text:
Susanne Breuss: Die Faszination der Schaufenster. Die Wiener Fotografin Trude Lukacsek hat ein Faible für Auslagen und Alltagsgegenstände. In: Wiener Zeitung Extra, 12.11.2010.

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