© Archiv Susanne Breuss |
Eine Amateuraufnahme aus den späten 1930er Jahren: Drei
Frauen bewundern einen kleinen Kasten – es handelt sich um ein Radiogerät der
Firma Philips, und zwar um das Modell Prélude aus der Symphonischen Serie. Vermutlich
erfreuen sie sich gerade an einer Neuanschaffung, auf den Markt kam diese Type
1936/1937 und sie war insofern etwas besonderes, als sie an der Oberseite des
Holzgehäuses ein aufklappbares Senderfenster aus Bakelit besaß.
Das Zeitalter des Radios begann in den 1920er Jahren, in
Österreich 1924, als die RAVAG (Radio-Verkehrs-AG) ihren offiziellen
Sendebetrieb aufnahm. Bertolt Brecht gab zwar zu bedenken, dass die
Öffentlichkeit nicht auf den Rundfunk gewartet habe, sondern der Rundfunk auf
die Öffentlichkeit. Aber trotz ernst zu nehmender Konkurrenz seitens der
bereits existierenden und sehr populären Informations- und Unterhaltungsmedien
wie Grammophon, Kinofilm, Tageszeitung und Illustrierter, entwickelte sich das
Radio erstaunlich schnell zu einem stark nachgefragten technischen Konsumgut.
Mit seinem ausdifferenzierten Programmangebot hielt der Hörfunk für alle
Interessen etwas bereit und er diente aufgrund seiner technischen Möglichkeiten
als „Hörfenster“ zum Weltgeschehen.
Kein Wunder also, dass dieses Gerät, das Fortschrittlichkeit
und Modernität verkörperte, auch für Brecht zu einem wichtigen Begleiter wurde.
In seinem im Exil entstandenen Gedicht „Auf den kleinen Radioapparat“ beschwor
er den Kasten, den er „flüchtend trug“, nur ja „nicht auf einmal stumm zu
sein!“
Text:
Susanne Breuss:
Beschwörung eines Kastens (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 17.11.2012, S. 43.
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