Werbeanzeige, 1927 (Archiv Susanne Breuss) |
1928 kam der erst wenige Jahre zuvor berühmt gewordene Tanz- und Gesangstar Josephine Baker für ein von Moral- und Sittenwächtern beinahe verhindertes und skandalumwittertes Gastspiel nach Wien. Zu Bakers Markenzeichen zählte nicht nur die als „wild“ und akrobatisch empfundene Tanzkunst, sondern auch ihr freizügiges Outfit. Insbesondere das Bananenröckchen, das sie beim „Bananentanz“ trug, erlangte Kultstatus.
Bananen waren damals in unseren Breitengraden zwar nicht mehr
völlig neu, doch nun traten die ehemaligen Luxusfrüchte erstmals in den
Konsumhorizont breiterer Bevölkerungsschichten. Technische Neuerungen in der
Schifffahrt und ausgeklügelte moderne Transport-, Lager- und Logistiksysteme
machten die empfindliche Frucht aus den tropischen und subtropischen
Weltregionen nun auch in Europa zu einem immer alltäglicher werdenden
Nahrungsmittel. Billig war sie allerdings noch immer nicht, weshalb sie in der
Regel pro Stück verkauft wurde.
Die Importeure und Händler starteten einen wahren Werbefeldzug, um die Banane auch in Österreich, einem Land der „schlechten Obstesser“, zu einem Volksnahrungsmittel zu machen (was im eigentlichen Sinn dann aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg gelingen sollte). Unterstützt wurden sie dabei von Ärzten und Ernährungsexperten, die den gesundheitlichen Wert der leicht verdaulichen und sättigenden Banane hervorhoben. Außerdem galt die Banane wegen ihrer dicken Schale als hygienisch.
Der Verzehr von Obst wurde in diesen Jahren ganz allgemein
stark propagiert. Wenige Jahre zuvor waren die Vitamine entdeckt worden, was zu
einer Neubewertung von Obst führte, dem früher keine ernährungsphysiologische
Bedeutung beigemessen wurde.
Darüber hinaus spielte die gelbe Frucht nicht zuletzt durch
Josephine Baker, aber auch durch den beliebten Schlager „Ausgerechnet Bananen“
oder die zahlreich auf den Markt gebrachten Scherzpostkarten mit mehr oder
weniger frivolen Bananenmotiven eine wichtige Rolle in der Populärkultur. Baker
war angeblich übrigens ein großer Fan der Schoko-Bananen von Casali, und sie fand
die völlig ungeniert in der Diktion der Zeit als „Nigger-Weichseln“
bezeichneten Pralinen der selben Wiener Firma „wirklich ausgezeichnet“.
Foto: © Wien Museum |
Radiosendung:
Seit September 2012 sendet Ö1 im Rahmen von Leporello die von Wolfgang Popp in Zusammenarbeit mit
dem Wien Museum und dem Technischen Museum Wien gestaltete Jahres-Serie
„Zum Greifen nah. Gegenstände erzählen Geschichte“, in der ausgewählte Alltagsdinge
aus den Sammlungen der beiden Museen porträtiert werden.
http://oe1.orf.at/artikel/321703.
Heute ging es in der Sendung um die Banane und eine Bananen-Werbefigur aus dem Jahr 1928 (Interview mit Susanne Breuss).
http://oe1.orf.at/artikel/321703.
Heute ging es in der Sendung um die Banane und eine Bananen-Werbefigur aus dem Jahr 1928 (Interview mit Susanne Breuss).
http://oe1.orf.at/konsole?show=ondemand
(abhörbar 7 Tage)
Texte:
Susanne Breuss: Exotische
oder frivole Bananenmetaphorik? In: Wiener Zeitung Extra, 1.4.2006, S. 2.
Susanne Breuss:
Banane. In: Wolfgang Kos (Hg.): Kampf um die Stadt. Politik, Kunst und Alltag
um 1930. Ausstellungskatalog. Wien 2010. S. 563.
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