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Als Silvester – die weit verbreitete Schreibweise Sylvester ist falsch – wird im westlichen Sprachraum bekanntlich der 31. Dezember bezeichnet. 1582 wurde der letzte Tag des Jahres vom 25. auf den 31. Dezember verlegt, auf den Todestag des Papstes Silvester I.
Der letzte Tag des Jahres ist kein gewöhnlicher Tag und durch eine Vielzahl von zum Teil traditionsreichen Bräuchen und Ritualen geprägt. Die Übergangssituation vom alten ins neue Jahr provoziert nicht nur Rückblicke, sondern auch Vorschauen. Der Orakelbrauch des Bleigießens ist Ausdruck der Neugierde auf das, was das kommende Jahr wohl bringen mag.
In einem Haushaltsratgeber aus dem Jahr 1965 findet sich eine Anleitung für das Bleigießen an Silvester:
„Wenn Sie um Mitternacht in bester Stimmung die Sektpfropfen knallen lassen, so ist dies eine ausgesprochen angenehme Art, das neue Jahr einzuschießen. Gleich darauf werden die Bleistückchen in einem Blechlöffel über einer Kerze erwärmt und die flüssige Masse in eine mit kaltem Wasser gefüllte Schüssel gegossen. Um Betriebsunfälle durch herumspritzendes heißes Blei zu vermeiden, bedecken Sie die Wasserschüssel in dem Augenblick, da das Blei hineingegossen wird, mit einem feuchten Handtuch. Das Deuten des Schicksals aus den zerkrümelten oder plattgedrückten Bleiformen lässt der Phantasie freien Lauf. Was der eine als einen Dampfer ansieht, der eine Überseereise verspricht, wird von dem anderen als ein Dackel gedeutet mit dem Hinweis ‚Vorsicht, sonst kommst du auf den Hund’“.
Text:
Die vollständige Fassung dieses Textes erschien als:
Susanne Breuss: Das Deuten des Schicksals aus Bleiformen (= Fotoglosse schwarz & weiß). In: Wiener Zeitung Extra, 30. Dezember 2005, S. 2.
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